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Archiv-Artikel

Keine Monsterkinder schaffen

Gewalt-Vorfall an Farmsener Schule: 14-Jährige geschlagen und und an Kloschüssel gedrückt. Polizei ermittelt. Gewaltschutzteam der Bildungsbehörde soll Frieden schaffen

„Jetzt hat auch Hamburg einen handfesten Fall von Gewalt an Schulen“, schrieb gestern die Bild und berichtete von „Folter“ an der Erich-Kästner-Gesamtschule in Farmsen. Demnach wurde vergangene Woche ein 14-jähriges Mädchen von einer Mitschülerin an den Haaren in die Toilettenräume gezerrt und dort eine viertel Stunde getreten und immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Gegen Ende soll die Täterin versucht haben, dass Opfer in die Toilette zu drücken, wobei ihre Freundinnen sie noch angefeuert hätten.

Das Mädchen offenbarte sich ihren Eltern, die schließlich die Polizei alarmierten. Auch die Schule wurde informiert, die schließlich die „Beratungsstelle Gewältprävention“ der Bildungsbehörde einschaltete. Ob sich der Vorfall so abspielte, konnte Schulleiterin Ulrike Janke gestern nicht abschließend sagen: „Wir sind noch dabei, das zu klären.“ Die 16-jährige Tatverdächtige wurde bis zu den Frühjahrsferien von der Schule suspendiert. Sie bestreitet die Vorwürfe, da es aber ein Attest über Prellungen, Körper- und Kopfverletzungen gibt, ermittelt nun die Polizei.

Für Janke ist es schon ein „ungewöhnlicher Einzelfall“: „Normalerweise gehen wir als Schule sehr offensiv mit der Gewaltproblemtatik um.“ So beteilige sich die Grundschule an dem Projekt „Faustlos“, in der 5. und 6. Klasse stünde „Soziales Lernen“ als Fach auf dem Lehrplan, und außerdem werden Schüler zu Streitschlichtern ausgebildet.

„Ein Gewaltvorfall kann auch an einer sehr guten Schule vorkommen“, erklärt Christian Böhm von der Beratungstelle Gewaltprävention. Gewalt an Schulen nehme nicht zu, stagniere aber seit Jahren auf einem hohen Niveau. Es sei daher schon nötig, für das Thema zu sensibilieren.

Aufgabe von Böhms fünfköpfigem Team ist es, akut vor Ort zur Befriedung beizutragen. Böhm: „Wir müssen gucken, was an den Tätlichkeiten dran ist, was lief vorher an Intrige und wer wischt da wem eins aus.“ Sein Team ist im Jahr etwa mit 250 Fällen befasst, wobei sich bei 230 Fällen eine „gute Lösung“ finde. Gewaltvorfälle führten manchmal auch zu Umschulungen an andere Schulen, die aber möglichst ohne Medienrummel geschehen sollten, um den Kindern eine Chance zu geben. Böhm: „Die Horrorszenarien von stadtbekannten Monsterkindern nützten am Ende wirklich keinem.“ KAIJA KUTTER