Nächtliches Überfallkommando abgewehrt

NRW-Christdemokraten sehen sich als Sieger des Reformgipfels der Union. CDA-Chef Brauksiepe: „Sehr zufrieden“

DÜSSELDORF taz ■ Die Führung der nordrhein-westfälischen CDU deutet die Einigung im parteiinternen Reformstreit als Erfolg. NRW-CDU-Chef Jürgen Rüttgers sagte gestern, er sei zufrieden mit dem Kompromiss der Unionsparteien bei der Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik. In der Nacht zum Montag hatten sich die Spitzen von CDU und CSU nach stundenlanger Diskussion über Details eines Sofortprogramms „Weichen stellen für Deutschland“ geeinigt. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte Ralf Brauksiepe, NRW-Landesvorsitzender der CDU-Arbeitnehmerschaft (CDA), der taz.

Brauksiepe räumte jedoch ein, dass sich die CDA angesichts der radikalen Vorschläge bereits „in den Startlöchern“ befunden habe – um zu protestieren. Als am Wochenende Pläne der Unionsspitze bekannt wurden, den Kündigungsschutz für Neu-Arbeitnehmer vier Jahre lang auszusetzen, schrillten beim Sozialflügel der CDU die Alarmglocken. Der NRW-Landtagsabgeordnete und CDA-Bundesvorsitzende Hermann-Josef Arentz sah in dem überraschenden Vorschlag ein „Überfallkommando“, mit dem „der Charakter der sozialen Marktwirtschaft massiv verändert“ werden solle. Landeschef Rüttgers sagte, die NRW-CDU mache dies nicht mit. Arentz und Rüttgers kündigten auch Widerstand gegen Vorschläge zur Lockerung des Tarifrechts an.

In der nächtlichen Marathonsitzung wehrten die NRW-CDUler das „Überfallkommando“ zumindest teilweise ab. Die Pläne zur Aussetzung des Kündigungsschutzes wurden ebenso abgemildert wie die ursprünglich vorgesehene Kürzung des Arbeitslosengeldes im ersten Monat der Arbeitslosigkeit um 25 Prozent vorsah. „Wir wollen nicht den Kampf mit Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Deutschland“, sagte Jürgen Rüttgers im ARD-Fernsehen. Nach Agenturberichten hatte der Düsseldorfer Oppositionsführer die kontroverse Nachtsitzung gegen ein Uhr morgens sichtlich zufrieden verlassen.

„Herr Rüttgers war sehr hilfreich“, lobt CDA-ler Brauksiepe. Die Gefahr, dass die Union auf die von Rot-Grün verursachte Wirtschaftskrise mit der Einschränkung von Arbeitnehmerrechten reagiere, sei abgewendet worden, so Brauksiepe. Die Gewinner der Reformeinigung kommen also aus NRW – ein Verlierer aber auch. Der Hammer Laurenz Meyer, Generalsekretär der Bundes-CDU, hatte die Pläne ausgearbeitet – und musste wegen des Protests aus seinem Heimatverband in zentralen Punkten nachgeben. MARTIN TEIGELER