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Archiv-Artikel

Vernachlässigtes Virus

Mit Hepatitis C sind fast 500.000 Menschen in Deutschland infiziert. Jetzt tingeln engagierte Initiativen durchs Land, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen

Von amb

Bremen taz ■ „Es muss ein grundsätzliches Hygienebewusstsein unter Drogenabhängigen geschaffen werden“, fordert Heino Stöver, Sozialwissenschaftler der Uni Bremen und Fachbeirat von akzept. Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik habe die Brisanz des Problems Hepatitis C (HVC) über lange Zeit selbst nicht erkannt, so Stöver: „Diese Krankheit ist verschlafen worden.“

Gegen das Virus, das schon durch geringe Mengen Blut übertragen werden kann, ist im Gegensatz zu seinen Ausprägungen A und B keine Impfung möglich. Prävention funktioniert nur, wenn die Risikogruppe über die Wege der Übertragung informiert wird - wofür oft das Geld fehle, klagten gestern die HVC-Aufklärer, die jetzt durch deutsche Städte ziehen, um gemeinsam mit den örtlichen Behörden Betroffenen und Gefährdeten zu helfen. “Viele erfahren zufällig von ihrer Infektion: bei Routineuntersuchungen im Krankenhaus, Substitutionsmaßnahmen oder bei einer Inhaftierung“, erläutert Marco Jesse vom “Bundesweiten Selbsthilfenetzwerk von Junkies, Ex-Usern und Substituierten“. Er selbst ist seit zehn Jahren HCV-positiv, jedoch bisher vom Ausbruch der Krankheit verschont geblieben.

Dass die Gefahr für Abhängige, sich im Strafvollzug zu infizieren, noch größer sei, betont Cornelia Barth vom Bremer akzept-Landesverband. „Den Vollzug, der völlig drogenfrei ist, möchte ich sehen - das schaffen selbst die Bayern nicht.“ Eine Spritze werde manchmal von 20 inhaftierten Süchtigen geteilt.

Bricht die Krankheit erst einmal aus, ist ihr Verlauf häufig chronisch und führt bei 30 Prozent der Betroffenen zu einer Leberzirrhose. Die Behandlung ist teuer und viele Betroffene scheuen davor zurück: “Die Nebenwirkungen sind den Qualen eines Entzugs sehr ähnlich“, kommentiert Jesse. amb