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Archiv-Artikel

Fragen Sie Reich-Ranicki

Jetzt auch in der taz: Der Frankfurter Allgemeine Literaturpapst antwortet

Ihrer Empfehlung in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ folgend habe ich meine schöngeistige Bibliothek über Pfingsten neu geordnet, nämlich nach dem ABC (statt wie bislang kunterbunt), und nun steht in meinem Regal Wiglaf Droste zwischen Dostojewski und Dürer. Das tut mir weh. Was soll ich machen?   Vera Lengsfeld,   Los Angeles

Sie müssen entschuldigen, gnädige Frau, aber ich kann Ihnen Ihre Schmerzen nicht nachfühlen. Wenn Sie mit „Droste“ die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff meinen, also die Verfasserin der „Judenbuche“, dann muss ich Ihnen sagen, das ihr ein Ehrenplatz zwischen Dostojewski und Dürer durchaus gebührt. Die Droste als Sandwich zwischen Dürer und Dostojewski, diese Vorstellung hat sogar etwas Erregendes, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Die Privatbibliothek alphabetisch ordnen, schön und gut, aber wie kann ich verhindern, dass mein Erzfeind Robert Gernhardt in die falbe Spalte zwischen meinen Lieblingen Gauguin und Goethe schlüpft? Fritz J. Raddatz, Paris

Stellen Sie doch einfach Rezensionsexemplare von Wilhelm Genazino und Natalia Ginzburg als Puffer dazwischen, mein lieber Kollege. Gewusst wie!

Wie würden Sie „Hans Wollschläger“ ins Englische übersetzen? Harry Rowohlt, Hamburg

Mein lieber junger Freund, ich bin Kritiker, nicht Übersetzer, das sollten Sie eigentlich wissen, aber da ich Sie als den Verleger Hemingways und Tucholskys schätze und verehre, will ich mich nicht lange zieren. Ins Englische übersetzen würde ich „Hans Wollschläger“ mit „Jack Woolkicker“. Zufrieden?

Wenn Sie auf Ihre lange und stolze Laufbahn als Großkritiker zurückblicken, bedauern Sie es dann, dass Sie fast alles verschnarcht und ignoriert haben, was im deutschen Sprachraum in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts interessant und lustig zu lesen war, also zum Beispiel die literarischen Arbeiten von Arno Schmidt, Walter Kempowski, Ror Wolf, Loriot, Eckhard Henscheid, Heino Jaeger, Gerhard Polt, Max Goldt, Helge Schneider, Jörg Schröder, Eugen Egner und Frank Schulz? Alexander Buckauer, Salzgitter

Nun, nun, nun! Ich habe immerhin Hermann Burger und Ulla Hahn entdeckt. Die hätte sonst niemand entdeckt, das können Sie mir glauben.

GHOSTWRITTEN BY

GERHARD HENSCHEL

Bitte richten Sie Ihre Fragen künftig wieder an das Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Mittelstraße 2–4, 10117 Berlin, oder per E-Mail an Sonntagsfrage@faz.de