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Archiv-Artikel

Fango-Fußball auf ostfriesischem Acker

Bei strömendem Regen trennten sich die Kickers Emden und die Kickers Offenbach mit einem 1 : 1 in der Nachspielzeit. Emden kann trotzdem noch aufsteigen, muss sich aber dringend um die Finanzierung des neuen Stadions kümmern

Erst in der zweiten Halbzeit des Spiels Kickers Emden gegen Kickers Offenbach, das 1 : 1 (0 : 0) endet, zeigt Ostfriesland sein Gesicht. Da wird es innerhalb von fünf Minuten Nacht, die Temperatur stürzt und es setzt ein Regen ein, in dem wir uns alle Sünden hätten abwaschen können.

Die Spieler von Emden, vor allem Enrico Neitzel, und von Offenbach, vor allem Stefan Zinnow, sahen aus, als hätten sie in den Friesenthermen, unweit vom Embdena-Stadion mit seinen 2.930 Besuchern gelegen, eine Anwendung gehabt: Fango. Rudi Zedi sah aus, als sei ihm die Mascara verlaufen. Dabei ist er kein Mascara-Typ.

Nun passte auch das marode Stadion zum Wetter. Wegen des Stadions macht der DFB Emden Druck. Die Auflagen für die Dritte Liga lauten: Fassungsvermögen 10.000, davon 2.000 Sitzplätze. Aktuell, sagt Nils Andersson, in Emdens Präsidium für den Stadionbau zuständig, „haben wir 7.200, davon 1.000 Sitzplätze“. Für die Zweite Liga, für die sich die Emdener sportlich qualifizieren, und die sie, wenn sie das schaffen, nicht wegen des Stadions verpassen wollen, lautet die Vorgabe: 15.000 insgesamt, davon 3.000 Sitzplätze.

Auch ein Rasenplatz mit Drainage und Rasenheizung statt Kleie als Untergrund wie jetzt, wäre gut. Emden kickt mit Ausnahmegenehmigung in der Dritten Liga. Die Finanzierung fürs neue Stadion zieht sich, weil VW Logistics, auf die Emdens Präsidium setzt, zögert. „Das letzte Gespräch ist noch nicht geführt“, sagt Andersson.

Eigentlich wollen die Kickers die große Lösung: Ein neues Stadion für die Zweite Liga. „Es könnte aber auch eine Teillösung kommen“, sagt Andersson. Haupttribüne mit 3.500 Sitzplätzen und VIP- und Medien-Bereich, Logen, an der Stadion-Kopfseite überdachte Stehplätze für 4.000 Zuschauer. „Macht, mit Gästeblock und alter Haupttribüne: 11.000 Plätze“, rechnet Andersson. Bis Dezember soll die Finanzierung stehen, bis März gebaut werden, fordert DFB-Sicherheitsexperte Gerhard Kißlinger.

Weil Geld fehlt, ließ sich Horst Müller, 49, seit 35 Jahren Kickers-Fan, etwas einfallen. Er holte mit einem Eimer Schlick aus dem Emdener Watt, füllte es in eine Dose ab, packte Stadionluft dazu, und versteigerte es bei Ebay. Ein Optiker und ein Juwelier aus Emden bekamen die Dose für 560 Euro und 55 Cent. Das Geld, abzüglich der fünf Euro für Ebay, geht an die Kickers. Wiederholung schwierig, denn irgendwann wäre das Watt weg, „und hat man einen Wurm drin, steigt einem die Naturschutzbehörde aufs Dach“, sagt Emdens Marketing-Leiter Albert Peters.

Eine schöne Idee wie die von Horst Müller hätte Emdens Spiel gegen Offenbach gebraucht. Emden war überlegen, ohne Torchancen herauszuspielen, Offenbach führte nach einem Freistoß, getreten von Maik Schutzbach, eingeköpft von Ugur Albayrak (82.). Fünf Sekunden vor Ende der zweiminütigen Verlängerung schaffte Zedi den Ausgleich. Der Ball, an den Offenbach-Keeper Robert Wulnikowski noch die Hand brachte, rollte auf die Torlinie zu, rollte immer langsamer, dann brüllten ihn Emdens Fans über die Linie. Weil auch die Konkurrenten um den Aufstieg patzten, bleibt Emden im Rennen.

ROGER REPPLINGER