: Mit Schnaps klappt’s
Ein denkwürdiger Abend: Nach anderthalb Jahren Bühnenpause trat der Beatles-Interpret und Super-8-Filmer Klaus Beyer am Samstag im West Germany auf. Er stellte „Beatles zum Verkauf“ vor, seine Version des Albums „Beatles for Sale“
VON DETLEF KUHLBRODT
Den 4. Dezember 2008 haben sich viele Beatles-Fans in aller Welt in ihrem Kalender rot angestrichen. An diesem Tag nämlich jährte sich zum 44. Mal das Erscheinen von „Beatles For Sale“, dem vierten Album der Fab Four.
Das Album entstand in der Hochphase der Beatlemania. Damals waren die Beatles auf großer Tournee. Deshalb griffen sie bei diesem Album auf altes Material zurück. So konnten sie die Platte in relativ kurzer Zeit aufnehmen. Auf dem Album gibt es ein paar Rock-’n’-Roll-Cover, zwei eher düstere Shoe-Gazer-Songs („No Reply“ und „I'm a Loser“) und die späteren Evergreens „Eight Days a Week“ und „I’ll Follow the Sun“.
„Beatles zum Verkauf“ ist das zehnte von Klaus Beyer neu übersetzte und interpretierte Beatles-Album, und der Auftritt des Beatles-Interpreten und Super-8-Filmers am Samstag im West Germany wurde mit großer Spannung erwartet. Fast anderthalb Jahre hat Beyer nicht mehr solo auf der Bühne gestanden. Das Konzert vor einem Jahr, auf dem er seine Version des „Revolver“-Albums hatte vorstellen wollen, fiel aus, nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte. Vier Monate lang war er dann im Krankenhaus, und eigentlich hätte er erst im August dieses Jahres wieder lachen können, erzählte sein Manager Frank Behnke.
Zur Einstimmung gab's zunächst einige kleinere Musikfilme von der wunderschönen, im letzten Jahr erschienenen DVD „Klaus Beyer's – die zweite“, Interpretationen bekannter Hits aus den Sechzigerjahren zumeist wie „Oh Diane“ oder „San Francisco“, aber auch Eigenkompositionen, die etwa von der Schwierigkeit des Aufstehens am Morgen handeln (mit dem schönen Refrain: „Trink erst mal ’nen Schnaps / du wirst sehen, dann klappt's“), und natürlich seinen kleinen Hit „die Glatze“ in verschiedenen Versionen. Wieder war man ganz begeistert von der schönen 70er-Jahre-Tapete, vor der Beyer in seinen Super-8-Filmen so oft agiert, von den psychedelisch-asynchronen Effekten, die dadurch entstehen, dass Beyer die Gesangspassagen der von ihm gecoverten Songs ausschneidet, die Instrumentalpassagen aneinanderklebt und darüber singt. Er füllt die drei Minuten eines Songs mit gecutteten Instrumentalpassagen, die zwei Minuten lang sind. Gerade heutzutage, wo HD, Blu-ray und andere seelenlosen Scheußlichkeiten drohen, sind seine kleinen Filme ein Labsal.
Nach einer Dreiviertelstunde mit Super-8-Filmen wurde Klaus Beyer von seinem Manager auf die Bühne geführt, da er infolge seines Schlaganfalls keine großen Stufen mehr steigen kann. Das West Germany war gut gefüllt. Ein Zuschauer trug eine Tasche mit den Köpfen der berühmten Liverpooler. Ohne große Einleitung begann Beyer die 14 Stücke von „Beatles zum Verkauf“ zu singen. Das zweite Stück, „Ich verliere“ („I'm a Loser“) war der erste Höhepunkt dieses denkwürdigen Abends. Beyers poetische Übersetzung („Es fallen Tränen wie Regen vom Dach“ oder „Ich lache gern und bin fröhlich zurzeit / doch hinterm Lachen ist Kummer und Leid“) betonte die philosophisch-melancholische Dimension des Lieds: „Ich verliere, ich verliere, ich bin doch nicht, was ich denk zu sein / Ich verliere; ich verlor sie, die Liebe war nur Schein.“
Ab dem vierten Stück, „Rock 'n' Roll Music“, war Klaus Beyer ganz gelöst und das Publikum begeistert. Bei „I’ll Follow the Sun“ zögerte er kurz: „Heißt es nun ‚die Sonne‘ oder ‚der Sonne‘?“ – „In diesem Fall ‚der Sonne‘ “, antwortete jemand aus dem Publikum. Das Stück war auch super. Gesangstechnisch hat sich Klaus Beyer in den letzten Jahren weiterentwickelt und bewältigt auch schwierige Passagen mit Bravour.
„Auf der Schallplatte kommt nun die nächste Seite. Auf der CD geht's so weiter.“ Wie auch im Konzert. Ein paar Leute tanzten, alle paar Stücke rief ein Mann in schwarzer Lederjacke, der aussah wie Ricardo Villalobos und es vielleicht auch war: „Rock 'n' Roll, Alter“. Nach dem letzten, von Carl Perkins für die Beatles geschriebenen Stück „Jedes Mädchen will mit mir gehn“ („Everybody's Trying to Be My Baby“) gab es Standing Ovations. Im Zugabeblock sang Beyer dann unter anderem „Die Glatze“ und „Struppi“ a cappella und den Evergreen „Winchester Cathedral“ der New Vaudeville Band mit zugehaltener Nase, um seine Stimme so lustig nasal klingen zu lassen wie das Original.
Das Konzert endete nicht wie erwartet mit dem „Gelben Unterwasserboot“, sondern mit dem englisch gesungen „Wild Thing“ der Troggs. Danach, es war schon halb eins, gab es noch eine Autogrammstunde. Es ist schön, dass Klaus Beyer wieder zurück auf der Bühne ist, und wer noch kein Weihnachtsgeschenk hat, sollte sich „Beatles zum Verkauf“ schnell kaufen.
Klaus Beyer, „Beatles zum Verkauf“; Amsel Records
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