Vorsicht und Populismus

In Berlin und Brandenburg reagieren die Innenpolitiker unterschiedlich auf die Hinweise auf eineAl-Qaida-Täterschaft für die Attentate in Madrid. Falscher Alarm in Tegel und am Bahnhof Zoo

VON UWE RADA

Innenminister Otto Schily (SPD) hatte den Ton vorgegeben. Nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts in Berlin sprach Schily im Falle einer Al-Qaida-Täterschaft der Bombenanschläge von Madrid von einer „neuen Qualität der Bedrohung“ in Europa. Dem schloss sich auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) an, der noch am Morgen beteuert hatte, dass sich trotz der Hinweise auf al-Qaida „keine neue Sicherheitslage in Berlin“ ergebe. Nach der Vorgabe Schilys versuchte sich Körting dann in Dialektik: „Wenn sich der islamistische Hintergrund bestätigen sollte, hätten wir auch in Deutschland und in Berlin eine dramatisch neue Lage.“ Allerdings gebe es keinerlei Hinweise, dass vergleichbare Terrorattacken auch in der deutschen Hauptstadt geplant seien.

Die Sicherheitskräfte befanden sich ohnehin in höherer Alarmbereitschaft. Noch während Schily schärfere Kontrollen an Grenzen und in Zügen ankündigte, herrschte am Bahnhof Zoologischer Garten helle Aufregung: Ein herrenloses Gepäckstück führte nach BGS-Angaben zu einer Sperrung des Bereichs um die Schließfächer. Bei einer Überprüfung fanden sich in dem Koffer allerdings nur Kleidungsstücke, so dass nach gut einer Stunde Entwarnung gegeben werden konnte. Der Zugverkehr rollte ungehindert weiter.

Am Tag zuvor hatte die Polizei um 14 Uhr die Haupthalle des Flughafens Tegel räumen lassen. Vorausgegangen war eine anonyme Bombendrohung. Nachdem diese sich als falsch herausgestellt hatte, wurde die Halle nach 40 Minuten wieder freigegeben.

Ganz anders als sein Berliner Kollege setzte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern auf Populismus. „Die Bundesregierung hat mit ihrer einseitigen ETA-Tätervermutung wichtige Zeit verstreichen lassen“, wetterte der Exgeneral und forderte: „Die bisherige Sicherheitsarchitektur unseres Landes gehört auf den Tisch, um für die Zukunft noch besser aufgestellt zu sein.“

Dazu gehört für Schönbohm offenbar auch eine Diskussion um den EU-Beitritt Polens. „Wir müssen jetzt auch darüber sprechen, ob es wirklich im polnischen Sicherheitsinteresse liegt, die Kontrollen zu ihren Grenzen im geplanten Umfang zu reduzieren“, meinte Schönbohm. „Denn so wie Deutschland seinen Beitrag zur Stabilisierung Afghanistans leistet, leisten die Polen ihren im Irak an der Seite der Amerikaner.“