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Archiv-Artikel

Saubere Schifffahrt durch Gas-Tankstelle

Mit einer Flüssiggas-Tankstelle für Schiffe will Lübeck eine ökologische Vorreiterposition einnehmen. Hafenstädte aus Norwegen, Schweden und Polen würden mitmachen. Das Problem: Noch gibt es nur wenige gasbetriebene Schiffe

Auf der Ostsee könnte eine neue umweltpolitische Dimension im Schiffsverkehr anbrechen – in ein paar Jahren zumindest. Flüssiggas-Tankstellen für Schiffe wollen mehrere Hafenstädte mittelfristig einrichten, der Vorreiter ist Lübeck. In einer jetzt vorgestellten Machbarkeitsstudie der Stadtwerke werden die technischen und räumlichen Voraussetzungen für Gas-Terminals sowohl im Lübecker Hafen selbst als auch im Hafen des Vororts Travemünde für gegeben erklärt. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung soll nun zeigen, wann das Projekt verwirklicht werden kann.

Flüssiggas als Treibstoff gilt als vielversprechende Möglichkeit, die Emissionen in der Schifffahrt weiter zu senken und die immer strenger werdenden EU-Vorschriften zu erfüllen. Schiffe, die mit Gas fahren, emittieren rund ein Viertel weniger Kohlendioxid und etwa 80 Prozent weniger Stickoxide als mit Dieselöl betriebene. Denn das zurzeit hauptsächlich in Schiffsmotoren verbrannte Bunkeröl ist ein recht billiges und hoch giftiges Abfallprodukt in Ölraffinerien. Die Schadstoffbelastung gilt vor allem in Hafenstädten als gesundheitsgefährdend.

So drohte Travemünde zeitweise die Aberkennung des Titels „Ostseeheilbad“, weil die Emissionen der Schiffe die Qualität von Luft und Wasser massiv beeinträchtigten. Im größten Fährhafen der EU und größten Ostseehafen Deutschlands verursachte der Schiffsverkehr 95 Prozent der Emissionen an Schwefel, 78 Prozent der Stickoxide und 65 Prozent des Feinstaubes.

Um dem zu begegnen, nahm Lübeck am 21. August als erster deutscher Hafen die Landstromversorgung auf. Drei Schiffe gleichzeitig können jetzt mit Elektrizität versorgt werden und müssen nicht mehr während er Liegezeiten die Motoren weiterlaufen lassen.

Der Sprecher des Verbandes Deutscher Reeder, Max Johns, hält das umwelttechnisch für einen sinnvollen Ansatz. Allerdings werde Flüssiggas bislang noch wenig genutzt, weil die Tanks an Bord zu viel Platz benötigten. Zurzeit seien es hauptsächlich norwegische Gastanker, die Flüssiggas als Treibstoff verwenden, sagte Johns. Und da liegt zumindest kurzfristig das größte Problem. Existierende Schiffe können nicht oder nur mit hohen Kosten auf Flüssiggasantrieb umgerüstet werden. Bis eine große Anzahl neuer Schiffe in Dienst gestellt ist, werden etliche Jahre vergehen.

Dennoch ist die Resonanz auf den Lübecker Vorstoß rings um das EU-Binnenmeer groß, das nach der Nordsee das Meer mit zweithöchsten Zahl an Schiffsbewegungen auf der Welt ist. Die schwedischen Hafenstädte Stockholm und Göteborg, das polnische Swinemünde und Bergen in Norwegen haben Interesse signalisiert, bei der Entwicklung einer saubereren Schifffahrt auf der Ostsee aktiv mitzumachen. SVEN-MICHAEL VEIT