: Illegale Praktiken sind ihr Stil
Hamburger Datenschutzbeauftragter rügt städtische Betriebskrankenkassen (BKK) wegen Verstoßes gegen das Sozialgesetz und den Datenschutz. Ärzte auf schwarzen Liste als Gehilfen von „Blaumachern“ denunziert. BKK will Schaden nicht begrenzen
von KAI VON APPEN
Schwere Rüge an die städtische Betriebskrankenkasse (BKK), da sie sich schon wieder außerhalb von Recht und Ordnung bewegt hat: Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Hans-Herrmann Schrader hat „beanstandet“, dass die BKK im März dieses Jahres an Unternehmen eine Liste von ÄrztInnen zugesandt hat, die nach Meinung der BKK „Blaumacher“ zu leicht gelbe Zettel ausschreiben. Schrader: „Die BKK Hamburg hat damit die Vorschriften des Sozialgestzbuches zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeiten von Versicherten missachtet und gegen das Datenschutzrecht verstoßen.“
Das Sozialgesetzbuch (SGB) enthält spezielle gesetzliche Regelungen, nach denen Krankenkassen zu verfahren haben, wenn sie Zweifel an der Krankschreibung haben. Danach wäre die BKK verpflichtet gewesen, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) einzuschalten. „Allein der MDK hat zu prüfen, ob die Zweifel der Krankenkassen an der Arbeitsunfähigkeit zu Recht bestehen“, erhebt Schrader den Zeigefinger. Erst dann hätte die BKK möglicherweise Maßnahmen treffen können, die das SGB zulässt, wie Krankengeldkürzungen. Stattdessen hatte die BKK versucht, durch die Schwarze Liste von ÄrztInnen vermeintliche „Blaumacher zu entlarven“.
„Eine Rechtfertigung für diese Vorgehensweise gibt es nach dem Gesetz nicht“, rügt Schrader. „Auch ist es gesetzlich nicht zugelassen, den Arbeitgebern Ärzte namentlich zu nennen, die bei der Krankenkasse in Verdacht geraten sind, übermäßig viele Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen auszustellen.“ Schließlich handele es sich um „personbezogene Daten“, die an Dritte nicht weitergeben werden dürfen. „Das ist ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht.“
Zwar hat die BKK versichert, diese Praxis nicht fortzuführen, aber, so Schrader: „Die eingetretene Datenschutzverletzung kann dadurch aber nicht geheilt werden.“ Deshalb hatte er die BKK aufgefordert, die angeschriebenen Unternehmen in einem weiteren Brief aufzufordern, die Daten wieder zu löschen. Doch die BKK weigert sich bislang beharrlich. „Wir haben der BKK noch einmal eine Frist gesetzt“, sagt Schraders Sachbearbeiter Detlef Malessa zur taz hamburg. Sollte sich die BKK dann immer noch weigern, werde eine „zweite Beanstandung“ ausgesprochen. „Darin werden wir den Gesundheitsenator Rehaag als Aufsichtsbehörde auffordern, die BKK anzuweisen, nach Recht und Gesetz zu verfahren“, sagt Malessa. „Wir können nicht etwas anweisen.“
„Förmliche Beanstandungen“ kommen nicht häufig vor. „Die Beanstandung ist das schärfste Schwert“, sagt Malessa. „Daher setzen wir das nicht inflationär ein.“ Dennoch hat die BKK schon das zweite Mal eine derartige Watschen bekommen. Im vorigen Jahr war gerügt worden, dass sich die BKK heimlich Krankenhausakten besorgt hatte, da sie zu lange Verweildauern witterte.