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Archiv-Artikel

Geschichte(n) aus der Kiste

Bremens Stadtteile präsentieren sich bei einer ungewöhnlichen Ausstellung im Focke-Museum, der „expo bremen“. Die Altstadt kann man in sechs „Wanderungen“ ebenfalls neu kennenlernen

Von ube

taz ■ Durch den 400 Seelen- Stadtteil Bremen-Strom rauschen täglich Massen von LKW vom oder zum Güterverkehrszentrum. Was läge da näher, als sich im Stadtteil-Pavillon bei der „expo bremen“ mit einem originalgroßen Brummi-Führerhaus vorzustellen?

Am Sonntag wird diese Ausstellung im Garten des Focke-Museums eröffnet. Zu sehen: 23 Pavillons für 23 Stadtteile. Die Idee dahinter leuchtet ein. Die meisten Bremerinnen und Bremer kennen nur einen Bruchteil der Bremer Quartiere. Und das will Ausstellungsbetreuer Heinz-Gerd Hofschen ändern. Wer außerhalb von Burglesum weiß schon, dass unter dem vielen Grün im Norden der Stadt Deutschlands Gasreserven schlummern? Die östliche Vorstadt präsentiert sich mit einem rund viertelstündigen Film, Woltmershausen in einer Diaschau und Gröpelingen gibt sich klassisch: Mit einer alten Stechuhr und Fotos von der Werft-Arbeit. An der Pavillon-Wand gegenüber: Beispiele für „neue Arbeit in Gröpelingen“, etwa im Diako oder in der Energiezentrale des Space Park. Obervieland zeigt sich sowohl mit einer Arster Kirchenbank, als auch mit Exponaten aus 30 unterschiedlichen Ländern. Der Viele-Kulturen-Stadtteil stellt damit BewohnerInnen aus dem Iran, Ägypten, Sri Lanka, Mexiko, Vietnam oder der Türkei vor.

Das Vorgehen, die Ausstellung mit rund 300 Bremerinnen und Bremer zusammenzustellen, ist ungewöhnlich. Die haben das, womit sie ihren Stadtteil charakterisieren wollten, zusammengetragen und die Pavillons damit bestückt. Deren äußeres Erscheinungsbild hat das Museum „normiert“, sagt Focke-Chef Jörn Christiansen und erklärt: „Wir wollten ein Abgleiten ins Folkloristische vermeiden“, sprich: ohne Strohdächer und Geranienkästen vor den Eingängen auskommen. Dass die Holzkisten – „Container“ hört Organisator Hofschen ungern – alle gleich groß sind, nennt Christiansen „demokratisch“. Auf 22 Quadratmetern stellen sich 400 StromerInnen oder 40.000 Menschen aus Hemelingen vor. Geschreinert hat die Pavillons einBremer Kistenbauer, der normalerweise Verpackungen für Überseetransporte herstellt. Sie sehen ein bisschen aus wie freundlich angepinselte Holzgaragen und kommen in Pastelltönen daher: rosa, hellblau und mint. Neben jeder Tür eine übersichtliche Bremen-Karte, die die Lage des Stadtteils zeigt. Auch überall gleich: drei schmale Schauwände im Innern, die über „Daten und Fakten“ und die Geschichte des Stadtteils Auskunft geben.

An den „Stadtteiltagen“ präsentieren sich die BewohnerInnen „lebend“, als Square-Dance-Gruppe aus der Vahr, mit einem Theaterstück der Landjugend Blockland oder mit Szenen aus dem Roman „Sommer in Lesmona“ – natürlich für den Stadtteil Burglesum. Darüber hinaus findet ein umfangreiches Begleitprogramm statt, unter anderem mit Filmen über und mit Bremen im Kino 46 in Walle. Wer genug von Stadtteilen weiß, kann sich Neues über die Altstadt ansehen: Das Focke-Museum stellt die Bremer Innenstadt mit sechs „Wanderungen in die Vergangenheit“ vor: 470 historischen Ansichten illustrieren Veränderungen und Kontinuitäten.

Unstimmigkeiten über Eintrittspreise hatte es im Vorfeld zwischen einigen Beiräten und dem Museum gegeben. Museumsdirektor Christiansen hofft, sie damit ausgeräumt zu haben, dass alle am Programm Beteiligten umsonst, alle anderen BesucherInnen zu reduzierten Eintrittspreisen ins Museum kommen können. ube

Eröffnung: 18. Mai, 14 Uhr. Eintritt: Erwachsene zwei Euro, ermäßigt ein Euro, Familienkarte drei Euro.