: Wenn Ärzte keine Ahnung haben
betr.: „Freispruch für Brechmittelarzt“, taz vom 5. 12. 08
Laut Artikel stellte der Richter fest, dass der Polizeiarzt weder in der Lage war, eine zutreffende Diagnose des Gesundheitszustandes des Gefangenen zu erstellen, noch über die Risiken und Nebenwirkungen der von ihm eingeleiteten Maßnahmen im Bilde war. Er war zudem ohne Notarzt nicht in der Lage, die von ihm verursachte gesundheitlich kritische Lage des Gefangenen zu stabilisieren. In dem Artikel steht nichts darüber, ob an dieser Unfähigkeit die Person des Arztes oder eine unzureichende medizinische Ausstattung schuld ist. Normalerweise ist eine ärztliche Behandlung ohne zutreffende Diagnose und bei Unkenntnis der Risiken und Nebenwirkungen der Therapie ein Kunstfehler. Eine Weiterführung eines nicht lebensnotwenigen Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit mit der Kenntnis, dass eine weitere kritische Situation ohne fremde Hilfe nicht zu bewältigen ist, ist verantwortungslos.
Für die Ärzte bedeutet dieses Urteil, dass Kunstfehler keine Konsequenzen haben, sofern der Ausgang letal und die Ausführung schlampig ist. Ich glaube dieses Bild möchte kein Mediziner von seinem Berufsstand haben. Ich möchte auf Ähnlichkeiten in der Argumentation im Frankfurter Urteil zum Tod eines Afrikaners in einem Flugzeug der Lufthansa hinweisen. Der Richter sah sich während der Verhandlung an das Foltergefängnis von Abu Ghraib erinnert. Der Gefangene hatte eine Vielzahl von Prellungen und Quetschungen sowie Knochenbrüche. Aber es war keine Folter! Seine Peiniger wurden zu geringen Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie u. a., wie im Bremer Fall, nicht ausreichend darüber informiert wurden, dass Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit tödlich enden können. Mir wird unwohl bei dem Gedanken, dass solch leichtfertiges Verhalten keine Konsequenzen hat. Was passiert denn bei Fällen die nicht so offensichtlich ein Fehlverhalten offenbaren. Ich möchte nicht von einem Arzt behandelt werden, der kein Ahnung hat, was er da tut.
MARKUS KRAUSE, Niedernhausen
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.