Schlafwandler wacht auf

Mit einem starken Dirk Nowitzki gewinnen die Dallas Mavericks das siebte Spiel des Viertelfinales der NBA gegen Sacramento mit 112:99 und erreichen die nächste Runde gegen die San Antonio Spurs

von MATTI LIESKE

Am Ende bedurfte es schon des Eingreifens von Holger Geschwindner, um die Dallas Mavericks ins Halbfinale der Basketball-Liga NBA zu befördern. „Wie ein Schlafwandler“ habe er in der gesamten Serie gegen die Sacramento Kings gespielt, klagte Dirk Nowitzki, und mit seinem Wurf habe es auch nicht gestimmt. Also rief er seinen langjährigen Privattrainer in Deutschland an, der kam rechtzeitig zum entscheidenden Spiel 7 der Serie nach Dallas geflogen – und alles wurde gut. Mit 30 Punkten, 19 Rebounds und einer guten Defensivleistung lieferte Nowitzki seine beste Partie in der Serie, und die Mavericks gewannen mit 112:99. Ab heute spielen sie gegen die San Antonio Spurs um den Einzug ins Finale.

Vor allem „mental“ habe Geschwindner ihm geholfen, sagte Nowitzki anschließend, aber auch am Wurf habe man ein wenig gefeilt. Einen solchen Wundertäter hätten die Kings ebenfalls gut gebrauchen können, denn mehr noch als Nowitzkis Gala und eine ausgewogene Mannschaftsleistung der Mavericks wurde ihnen die eigene miserable Trefferquote zum Verhängnis. Nur 41,9 Prozent ihrer Würfe fanden das Ziel, jämmerliche 26 Prozent waren es im ersten Viertel, als sie schnell in Rückstand gerieten. So glich das Match einem 10.000-m-Lauf, bei dem ein Läufer in der ersten Runde einen Vorsprung von 20 Metern herausholt, diesen die ganze Zeit verteidigt, um in den letzten beiden Runden, wenn alles auf den Einbruch wartet, noch mal aufzudrehen und souverän davonzueilen. Meist oszillierte die Führung der Mavericks um die acht Punkte, doch die Kings bekamen reichlich offene Würfe und Gelegenheiten zum Korbleger. So war klar, dass Dallas Probleme bekommen würde, wenn Sacramento anfinge zu treffen. Als dies jedoch ansatzweise zu Beginn des Schlussviertels geschah, schlugen vor allem Nowitzki und Nick van Exel, vom Deutschen als wahrer Gewinner dieser Serie gepriesen, eiskalt zurück und brachen den letzten Widerstand der Kalifornier.

Für diese war es das zweite enttäuschende Saisonende in Folge. Vergangenes Jahr verloren sie nach umstrittenen Schiedsrichterleistungen die dramatische Halbfinalserie gegen die Los Angeles Lakers in der Verlängerung von Spiel 7. Dann setzten sie – mit Erfolg – alle verfügbaren Hebel in Bewegung, um den fast schon sicheren Weggang von Chris Webber zu verhindern. Nur um zu erleben, wie ihr bester Mann bereits im zweiten Spiel der Serie gegen Dallas mit einer Knieverletzung ausfiel. Webber ist zwar kein Spieler, der seine Mannschaft in kritischen Situationen mitreißt – wofür er oft Kritik erntete – aber er ist derjenige, der sie zusammenhält. In allen wichtigen Kategorien – Punkte, Rebounds, Assist, Blocks – führt er das Team an, zu ersetzen war er nie. Zumindest kompensieren konnten die Kings sein Fehlen dann, wenn alle anderen in Topform spielten. Das war in Spiel 7 jedoch nicht der Fall. Nur Pedrag Stojakovic, Mike Bibby und Jim Jackson überzeugten, dafür blieben Hedo Türkoglu, Doug Christie, Bobby Jackson und vor allem Center Vlade Divac, der die Bälle reihenweise neben den Korb legte, weit unter ihrem gewohnten Niveau.

Das zweite Geschenk nach dem Ausfall Webbers hatten die Mavericks letzte Woche von den San Antonio Spurs bekommen, als diese die Lakers aus dem Weg räumten. Mit denen kommt Dallas gar nicht zurecht, vor allem, weil man keinen Spieler hat, der Shaquille O’Neal auch nur ansatzweise bremsen kann. Im texanischen Derby stehen die Chancen eindeutig besser, das Finale gegen den Sieger der Partie Detroit Pistons – New Jersey Nets zu erreichen, auch wenn man eines nicht vergessen darf: Der Favorit heißt San Antonio Spurs. Vielleicht sollte Holger Geschwindner besser noch ein Weilchen dableiben.