terror-anschläge : Zurück zum 11. September
Autobomben in Saudi-Arabien. Gewaltsames Ende einer islamistischen Entführung von Touristen in Algerien. Attentatswarnungen in Kenia. Anschläge in Marokko. Jeder Tag bringt eine neue Schreckensnachricht. Der 11. September 2001 kehrt zurück, aber nicht als einzigartiges unfassbares Großereignis, sondern als Serie endlos wiederholbarer Vorfälle. Wie eine Hydra, der man einen Kopf abschlägt, nur damit zwei nachwachsen.
Kommentarvon DOMINIC JOHNSON
Nach den Anschlägen des 11. September in den USA gab es Ansätze einer Diskussion über eine neue Politik. Es entstand eine globale militärische Strategie, um den Krieg gegen ein weltweites Terrornetzwerk weltweit zu führen. Dazu kam eine weitere Überlegung: Eine globalisierte Welt – in der Arme und Reiche, Rechtlose und Mächtige direkt aufeinander einwirken – kommt aus dem Lot, wenn soziale Ungleichgewichte und politische Machtgefälle immer größer werden. Die Militärs haben gehandelt. Die Befürworter globaler Sozialreformen nicht.
Der Krieg gegen die Taliban in Afghanistan zerschlug al-Qaidas territoriale Verankerung und diente somit der Welt. Der Krieg gegen Saddam Hussein im Irak diente weltpolitisch gesehen nur noch den USA: Kein Staat soll fortan den USA mehr die Stirn bieten. Vielleicht hat das ja auch funktioniert. Aber gerade wenn es funktioniert hat, bedeutet es: Die Ära der Schurkenstaaten und der „Achse des Bösen“ ist vorbei. Ein Kapitel im Krieg gegen den Terror ist abgeschlossen.
Jetzt beginnt das nächste Kapitel, und zwar unter deutlich schlechteren Vorzeichen. Denn die USA sind jetzt sicherer als vorher, die Bürger einer Reihe anderer Nationen unsicherer. Insofern hat die US-Kriegsstrategie trotz ihres Erfolges globale Ungerechtigkeiten verschärft.
Wer hat den Weitblick, dem etwas entgegenzusetzen? Die radikalen Neokonservativen in den USA träumen vom Aufblühen der Demokratie in der arabischen Welt und merken überhaupt nicht, wie wenig die dortigen Menschen von ihnen wissen wollen. Die linken Globalisierungskritiker neigen hingegen dazu, antiamerikanische Vorurteile zu pflegen anstatt eigene Ideen zu entwickeln. Insgesamt bestimmt gegenseitige Geringschätzung die politische Debatte in den USA und Europa, gelähmt von den Polarisierungen des Irakkrieges.
Nur bei al-Qaida sind die Impulse des 11. September intakt geblieben. Auch die Weltpolitik sollte jetzt aus dem Schatten des Irak heraustreten und sich wieder mit der Welt befassen.