: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Sicherheit oder Freiheit? Aktionismus bringt keinesfalls mehr Sicherheit. Das weiß auch die SPD – zumindest nach Dienstschluss. Und sonst? Franz Müntefering ist zum neuen Hans-Jochen Vogel der Sozialdemokraten gewählt worden
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Mobiltelefon-Akku entladen, Telefoninterview vergeigt, peinlich.
Was wird besser in dieser?
Festnetz.
Müssen wir nach Madrid mehr Angst haben?
Wolfgang Thierse wies darauf hin, dass der „Terror nach Europa gekommen“ sei. Zu ergänzen ist inzwischen, dass Regierungen, die zu niederen Zwecken den Rest der Welt anlügen, jetzt auch hier anzutreffen sind. Wir dürfen uns also gleich über beides Sorgen machen: Mörder, die sich selbst für einen guten Zweck halten, und Regierungen, die in Anbetracht dessen spontan auf ähnliches Niveau runterwollen.
Die EU. Innenminister haben die Vernetzung ihrer Geheimdienste beschlossen. Bringt das was?
Vernetzung ist die richtige Antwort, wenn vorher disparate Dienste etwa wichtige Warnungen verzettelt, entscheidende Mosaiksteine der Ermittlung für sich behalten hätten. Variante eins: Es stellt sich noch heraus, dass Madrid von besser organisierten Diensten hätte verhindert werden können. Variante zwei heißt Trittbrettfahrerei: Das an sich ausreichend traurige Geschehen wird zur Durchsetzung sachfremder Pläne benutzt. Beides keine sonderlich löblichen Erklärung, leider.
Otto Schily behauptet steif und fest, dass Sicherheit und Freiheit keine Gegensätze sind, sondern sich bedingen. Ist da was dran – oder ist das in der Tendenz totalitäres Denken, das Widersprüche harmonisiert?
Die spezifisch deutsche Erfahrung mit Terror besagt, dass von Rasterfahndung bis Wanzenlegen viel gestische Politik wenig Ergebnisse brachte. Schily selbst legt Wert auf die Kontinuität seines Weges – als RAF-Anwalt, als Innenminister – den Staat stets an seine Verfasstheit zu binden. Natürlich wirkt es zynisch gegenüber den Opfern in Madrid, jetzt mal was Nettes von Kinkel-Initiative und einem guten Gespräch mit Bin Laden vorzuschlagen. Ein logisches Signal wäre jedoch, jetzt entschlossener an einer Integration etwa der Türkei zu arbeiten.
Schily sagt auch, dass es uns, den bundesdeutschen Hedonisten, an Abwehrkräften gegen den islamischen Terror mangelt. Stimmt das?
Originell auch die Anekdote, wie Schily vor ein paar Jahren in sein toskanisches Ferienhaus kam und ortsansässige Diebe es sauber ausgeräumt hatten.
Gibt es bei der inneren Sicherheit eigentlich noch Unterschiede zwischen Union und SPD?
Auf der Höhe verängstigender Spiegel-Titel und Russenmafia-Szenarien wurden wir mit dem „großen Lauschangriff“ zwangsbeglückt. Nach Abklingen des Hypes stellt sich raus, dass der weder wirkt noch in die Verfassung passt – weg damit. Besonnene Sozialdemokraten lassen beim Bier durchblicken, man müsse jetzt mit entschlossenem Gestus so viel Betroffenheit vorführen, dass man ohne bescheuerten Aktionismus durchkommt.
Übermorgen vor fünf Jahren begann der Kosovokrieg – der erste bundesdeutsche Kriegseinsatz. Erscheint der Kosovokrieg 2004 richtiger als damals? Oder besteht kein Grund, die Kritik zu revidieren?
Die taz selbst hat damals aufgedeckt, dass der Verhandlungsweg noch nicht zu Ende gegangen war, als die USA der neuen deutschen Regierung den Krieg als unvermeidlich präsentierten. Die deutsche Haltung zum Irakkrieg zeigt den Lernprozess – der Kosovokrieg aber auch, dass dieser Lernschritt nötig war.
Seit gestern ist Gerhard Schröder nicht mehr Chef der SPD. Was wird im SPD-Geschichtsbuch 2034 über den Vorsitzenden Schröder stehen?
Ups. Schwer, das vor dem Ende zu bilanzieren. Als Kanzler: hat überfälligen Reformprozess mit umstrittenen Ergebnissen losgetreten, konnte dies nur unter Verzicht auf Parteivorsitz durchhalten, was sich schließlich als unüberbrückbar erwies.
Wie lange wird Franz Müntefering seinen Job behalten? Und wovon hängt das ab?
Bisher war Müntefering der Schröder der Herzen. Nun taugt er weniger, als Instrument gegen Schröder benutzt zu werden. Wenn doch, hat er ruck, zuck ne „Franz for kanz“-Debatte und führt die SPD in die Opposition. Da landet er eh. Nach Helmut Schmidt kam in den 80er-Jahren Hans-Jochen Vogel. Diesmal ist der Trümmerjochen schon da, der nach Schmidt erst gefunden werden musste. Fazit: lange, eher sehr lange.
Und was macht Borussia Dortmund?
Ich wage es noch nicht zu glauben – schließlich steht es auch in der Bild – aber: verkauft die Edelzicken meistbietend, setzt auf Nachwuchs und konsolidiert sich. Eine Info für Methadon-Freunde: Aachen auch schwarz-gelb. FRAGEN: SR