Schnelle Abschiebung als oberstes Gebot

Österreichs Innenministerium legt Entwurf zur Reform des Asylgesetzes vor. Massive Kritik von Experten

WIEN taz ■ Flüchtlinge sollen in Österreich schneller abgeschoben werden können. Das ist das Ziel einer Ministervorlage zur Reform des Asylgesetzes. Bei einem Expertenhearing im Parlament wurde die Vorlage gestern von Juristen und Vertretern von Hilfswerken in der Luft zerrissen. Michael Genner von „Asyl in Not“ sprach von der drohenden „Verpolizeilichung des Asylverfahrens“. Denn, so kritisierte auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR), der Entwurf, den Innenminister Ernst Strasser in Begutachtung gegeben hat, sei von der Gesinnung durchdrungen, „dass Asylsuchende in der Regel keine Flüchtlinge sind“.

So ist die rasche Einweisung in eine Erstaufnahmestelle „zum Zweck der Sicherung der Ausweisung“ vorgesehen. Der Entwurf errichtet nach Meinung von Experten unzumutbare Zugangsbarrieren für Asylsuchende, verstümmelt die Berufungsinstanz und sieht durch die Isolierung von Flüchtlingen unbillige Eingriffe in deren Bewegungs- und Kommunikationsfreiheit vor.

Rechtsbeistände sollen vom Innenministerium ausgesucht werden. Vertrauenspersonen wird der Zugang verwehrt. Neue Beweise werden in einer Berufung nicht zugelassen, was vor allem für traumatisierte Menschen an den Bedürfnissen vorbeigehe, wie Betreuer versichern. UNHCR-Vertreter Gottfried Köfner und die befragten Juristen meinen, dass die Vorlage der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 widerspreche. Für Köfner besitze Österreich ein gutes Asylgesetz, die Defizite in der Praxis seien in erster Linie auf personellen und finanziellen Ressourcenmangel der Asylbehörden zurückzuführen. Das Vorhaben, die Verfahren „unter Aufrechterhaltung aller rechtsstaatlicher Garantien zu beschleunigen und zu straffen“, wolle man durch Erschwerung des Zugangs zum Asyl verwirklichen. So erklärt der Entwurf alle Nachbarländer zu „sicheren Drittstaaten“, in die Flüchtlinge zurückgeschoben werden können. Außerdem wird eine Liste von sicheren Herkunftsländern angelegt, in denen keine Verfolgung stattfinden kann.

Österreich hat in den vergangenen Jahren eine Vervielfachung des Ansturms von Asylbewerbern erfahren. 2002 wurden 40.000 Neuanträge gestellt. Der Entwurf sieht aber die Beibehaltung der auf maximal 10.000 Fälle jährlich angelegten Infrastruktur vor. Innenminister Strasser erklärte, er sehe keine Verfassungswidrigkeit in seinem Vorhaben. Terezija Stoisits, Minderheitensprecherin der Grünen, hofft, dass die Kritik ein Einlenken bewirkt. RALF LEONHARD