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Archiv-Artikel

Doch kein Aprilscherz

Berufstätige Eltern erhalten zum 1. April tatsächlich Kita-Gutscheine.In Wandsbek weniger Nachfrage als erwartet. SPD hat keine Eile mit PUA

Seit August auf der Warteliste – da haben manche die Arbeitsaufnahme verschoben

von KAIJA KUTTER

Manchmal sind Unkenrufe der Opposition nicht zutreffend. „So wie es aussieht, läuft das mit der Priorität 5“, erklärte gestern Sozialbehördensprecher Oliver Kleßmann. Was heißt: Berufstätige Eltern von 3- bis 6-jährigen Kindern erhalten in diesen Tagen Kita-Gutscheine. Damit löst Bürgermeister Ole von Beust (CDU) offenbar sein im Januar gegebenes Versprechen ein, ab dem 1. April allen Eltern dieser Gruppe einen 6- oder 8-Stunden-Platz zu bewilligen. Was auch nötig war, schließlich gab es für sie seit August 2003 einen Gutscheinstopp.

Für manche Eltern war diese Wartezeit wohl zu lang. „Es haben nicht alle Eltern Gutscheine in Anspruch genommen“, berichtet Albert Fütterer vom Kita-Sachgebiet im Bezirk Wandsbek. Die Bezirke hatten Ende Februar an alle Eltern auf der Warteliste Aufforderungen verschickt, bis zum 17. März einen neuen Antrag zu stellen. Doch haben von den 928 angeschriebenen Familien 359 nicht reagiert. Bislang bewilligt wurden nur 266 Gutscheine, weitere 303 Gutscheine, so Fütterer, „sind noch nicht, können aber noch“ bewilligt werden. Künftig soll es wöchentlich einen Wartesuchlauf geben.

Ein Teil der Eltern, die jetzt keinen Gutschein wollten, hätten sich mit Tagesmüttern oder privat beholfen, berichtet Fütterer. Ein Teil hätte aber auch „die Arbeitsaufnahme verschoben“. Da mit dem dritten Geburstag die Erziehungszeit endet, ist zu befürchten, dass hier Frauen auf ihren Wiedereinstieg in den Beruf verzichteten.

Der SPD-Politiker Thomas Böwer will nun über eine schriftliche kleine Anfrage erfahren, wie viele Gutscheine hamburgweit ausgegeben werden. Er bleibt bei seiner These, dass das Geld für diese Gutscheine im Kita-Etat nicht vorhanden ist, weil die im Januar beschlossenen 40 Millionen Euro Finanzspritze strukturell verplant sei. „Ich freue mich, über jedes Elternteil, dass einen Gutschein in den Händen hält“, sagte Böwer zur taz. „Wir werden spätestens bei den Haushaltsberatungen vor der Sommerpause erfahren, ob das Geld reichte.“

Der SPD-Politiker hatte vor der Wahl wegen des Verdachts, dass das Parlament belogen wurde, einen Untersuchungsausschuss (PUA) Kita angekündigt. „Wir haben damit keine Eile“, sagt Böwer nun. Möglich wäre, dass der PUA zu einem späteren Zeitpunkt beantragt würde, um auch neuere Ereignisse zu beleuchten.

Offen bleibt, was aus dem Krippenbereich für unter dreijährige Kinder wird. Laut offizieller Senatsbeschlusslage werden für berufstätige Erstantragsteller hier in 2004 gar keine Gutscheine vergeben. Der Kita-Fachsprecher der CDU, Marcus Weinberg, hatte dagegen am Samstag in der taz erklärt, es solle zumindest 700 bis 1.000 neue Gutscheine geben, um den guten Hamburger Versorgungsgrad von 20 Prozent zu erhalten.

Politisch zuständig für den Kita-Bereich ist seit vorigen Donnerstag die Behörde für Soziales und Familie (BSF). Diese will sich jedoch laut Kleßmann zu diesen Details nicht äußern, bevor die Ergebnisse der behördenübergreifenden Kita-Lenkungsgruppe vorliegen. Der Behördensprecher stellt fest: „Die arbeitet noch, einen Abschlussbericht gibt es noch nicht.“

Dieser Ansage wiederum traut die SPD nicht. Sie will am kommenden Mittwoch in der Bürgerschaft beantragen, der Senat möge dem Parlament den Bericht zuleiten, sobald die Überprüfung fertig ist.