: Studie: Fusion kostet Milliarden
Ohne Stadtstaatenprivileg sieht Berlin-Brandenburg schlecht aus. Solche Zahlen stellt heute der Bremer Finanzsenator vor. Mit dabei: sein Bremen-kritischer Kollege Sarrazin
Ein fusioniertes Berlin-Brandenburg würde im Länderfinanzausgleich rund 2 Milliarden Euro an Finanzkraft verlieren, wenn Berlin nicht mehr die Vorteile eines Stadtstaats genießt. Das geht aus einer Studie der Universität Köln hervor, deren Zusammfassung der taz vorliegt. Ihre Ergebnisse will heute der parteilose Bremer Finanzsenator Ulrich Nussbaum in Berlin vorstellen. An der Veranstaltung soll auch sein hiesiger Kollege Thilo Sarrazin (SPD) teilnehmen. Er hält Bremen schlechten Umgang mit Bundeshilfen vor. Auf solche Hilfen klagt Berlin beim Verfassungsgericht.
Die vom Kölner Finanzwissenschaftler Wolfgang Kitterer in Bremer Auftrag erarbeitete Studie gleicht fiktive Zuweisungen fusionierter Länder mit dem Länderfinanzausgleich von 1999 ab. Im Ergebnis stellt sie für Berlin-Brandenburg fest: „Die Finanzkraft des fiktiven Flächenlandes sinkt im Vergleich zum geltenden Recht um 4 Milliarden Mark bzw. 12,5 Prozent.“ Würden hingegen Bremen und Niedersachsen fusionieren, brächte ihnen das Verluste von nur 0,3 Prozent.
Hauptursache ist, dass Stadtstaaten im Finanzausgleich, der sich an der Einwohnerzahl orientiert, über das so genannte Stadtstaatenprivileg besser gestellt sind als Flächenländer. Zwar profitiert das umliegende Flächenland, wenn dieses Privileg wegfällt. Brandenburgs Mehreinnahmen – laut Studie 233 Millionen Mark – würden aber die Berliner Verluste von über 4 Milliarden Mark bei weitem nicht ausgleichen.
Daher fordert Berlin, dieses Privileg zu erhalten. Bei der gescheiterten ersten Volksabstimmung zur Fusion 1996 war vorgesehen, das Staatstaatenprivileg 15 Jahre weiterzuführen.
Der zweite Anlauf einer Volksabstimmung ist für 2006 geplant, die Fusion selbst für 2009. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) stellte diesen Fahrplan jedoch kurz vor Weihnachten infrage. In Brandenburg verunsichert vor allem die hohe Berliner Verschuldung von über 50 Milliarden Euro. Ob Berlin das mit Bundeshilfe ändern kann, klärt sich in einem Urteil des Verfassungerichts frühestens 2005 – lange nach der brandenburgischen Landtagswahl im September.
Bremen und auch das Saarland hatten solche Bundeshilfen als erste Bundesländer Anfang der 90er erfolgreich eingeklagt. Berlin sieht darin zwar Präzedenzfälle, nicht aber im Umgang mit dem Geld. Als Bremer SPD-Landesparlamentarier im Dezember in Berlin waren, hatte Sarrazin für sie einen seiner berüchtigten Folienvorträge vorbereitet. „Das war eine Brandrede“, heißt es in Bremen. Sarrazins Fazit sinngemäß: Mit den Bundeshilfen darf man nicht die Bürgersteige vergolden, sondern muss die Schulden abtragen. Sarrazins heutiges Zusammentreffen mit seinem Bremer Kollegen gilt als spannend. STEFAN ALBERTI