Dagegen ist Einspruch zu erheben

betr.: „Im Namen Gottes“ von Eberhard Seidel, taz vom 20. 5. 03

Danke für Eberhard Seidels Lob, wonach die Neue Zürcher Zeitung die „bislang die einzige deutschsprachige Zeitung (ist), die das Problem in seiner ganzen Tragweite erkannte“. Leider erweckt Seidel den Eindruck, als habe der Fernsehjournalist Rainer Fromm den NZZ-Beitrag über islamistische Einflussnahme und den für Deutschland typischen defensiven Kulturrelativismus verfasst. Fromm wird jedoch darin nur zitiert. Autor ist Heribert Seifert, unser Medien-Korrespondent für Deutschland.

JOACHIM GÜNTNER, NZZ, Zürich

Ich habe mich schon immer gewundert, warum vermeintliche Liberale, unter dem Deckmantel der Toleranz, den Islam in Deutschland forcieren. Als fröhlicher Atheist ist es für mich nur schwer erträglich, wenn in der taz ganze Seiten für einen Dialog mit dem Islam verschenkt werden. Statt für einen Dialog mit dem Islam zu werben, sollte mehr dafür geworben werden, dass jeder, der nach Europa einwandert, auch ohne Religion leben darf.

Ja, wir dürfen und können ganz ohne Gott leben, lieben, lachen und denken. Und wir dürfen Religionen kritisieren und ironisieren. Dieses mühsam gegen die christlichen Kirchen erkämpfte BürgerInnenrecht, das Europa so wunderbar von großen Teilen der Welt unterscheidet, wird nun im Rahmen einer völlig falschen Toleranz gegenüber dem Islam wieder in Frage gestellt und bestritten. Dagegen ist Einspruch zu erheben.

Ich denke aber im Gegensatz zu Eberhard Seidel doch, dass sich auch heute noch genügend Leute zur Verteidigung der Satanischen Verse, zur Verteidigung der Literatur und Kunst vor islamistischen Zensuransprüchen, finden würden.

FRANZ KLUG, München

Herr Seidel hat im Ansatz Recht. Man muss nach allen Seiten hin kritisieren dürfen. Mein Verständnis von Demokratie sagt, dass man auch Stimmen schützen muss, die einem nicht passen, solange sie Gewalt nicht verherrlichen, verschweigen oder androhen. […] Obwohl ich selbst oft heftige Kritik an der Nahost- und Islam-Darstellung in der deutschen Presse und Gesellschaft übe, ist es ein Skandal, wenn ich von solchen Dingen wie den von Seidel geschilderten lesen muss. Wenn er den Psychoterror islamistischer Organisationen am eigenen Leib erfahren hat, dann sollte das nicht so hingenommen werden. […] Wenn Herr Seidel es zulässt, dass man beispielsweise das Christentum und das Judentum kritisch betrachtet, den Zionismus und Israel, dann sollte er auch von den Muslimen und Arabern akzeptiert werden. Und Ulfkotte auch. Und der Spiegel. […] ANIS HAMADEH, Kiel

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