Kinder ohne Mittagessen

Weil Lehrer länger arbeiten müssen, sollen Grundschüler bis 13.30 Uhr bleiben. Und die Klassen werden größer. Lehrergewerkschaft GEW streikt erst mal nicht

Die GEW behält sich zwar grundsätzlich das Mittel einer Arbeitsniederlegung vor, wird aber nicht noch vor den Sommerferien zum Streik aufrufen. Das ist das Ergebnis der GEW-Vertrauensleute-Versammlung von Donnerstagabend. Ausschlaggebend war dabei wohl die Befürchtung, nach einer Hetzkampagne in den Medien isoliert dazustehen. Statt dessen will die Gewerkschaft im Bündnis mit Schülern und Eltern Aktionen planen und zeigen, dass das Arbeitszeitmodell real nicht funktioniert.

So hat das Modell beispielsweise seltsame Auswirkungen auf Hamburgs ABC-Schützen. Weil die Arbeit von Grundschulpädagogen sehr niedrig bewertet wird, müssen diese künftig 30 Stunden und mehr unterrichten. Im Zeitfenster der Verlässlichen Halbtagsgrundschule (VHGS) von 8 bis 13 Uhr ist aber nur für maximal 27 Stunden Platz. Wie der Senat nun in der Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Luisa Fiedler einräumt, ist ab dem Schuljahr 2003/2004 geplant, die Möglichkeit der Verlängerung bis 13.30 Uhr einzuräumen. „Damit werden bis zu drei Unterrichtsstunden pro Woche zusätzlich möglich“, pries die Schulbehörde die Neuerung kürzlich in einer Pressemitteilung an.

Doch an der Basis kommt dieser Segen nicht gut an. „Bis 13 Uhr Unterricht ist lang genug. Warum sollen unsere Kinder dafür herhalten, dass die Lehrer länger arbeiten müssen“, empört sich Elternvertreterin Birthe Schwarzkopf von der Grundschule Grumbrechtstraße. Die Planung sei nicht kindgerecht, zumal die Behörde keine Angebote für Pausengestaltung oder Essensversorgung mache.

SPD-Politikerin Fiedler regt vor allem auf, dass die für Eltern so wichtige „Verlässlichkeit“ der Grundschule damit in Frage gestellt ist. Vor allem Hortkinder sind an diese Zeitrhythmen gewöhnt und bekommen ab 13 Uhr in der Kita ihr Mittagessen. In der Anfrage wollte Fiedler denn auch wissen, ob es eine Absprache mit den Kita-Trägern darüber gebe. Antwort des Senates: Das sei „nicht erforderlich“.

Fiedler wirft Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) zudem „Wortbruch“ vor, weil er mehrfach ankündigte, er wolle die Grundschulen stärken. Tatsächlich wird dort aber die Stundenversorgung um 3,6 Prozent gesenkt. Bisher bekam eine Klasse mit 25 Schülern vier Teilungsstunden. Künftig muss die Klasse einen Schüler mehr haben, um diese Stunden zu kommen.

Fiedler will zudem aus „sicherer Quelle“ erfahren haben, dass der 50-Stellen-Fonds zur Unterstützung der VHGS in drei Jahren wegfallen soll. In der Anfrage wollte sie wissen, wie groß Klassen sein müssen, um dann noch verlässlich zu sein. Der Senat antwortet, dies werde im Zuge der „Standortentwicklung“ zu prüfen sein. Fiedler‘s Fazit: „Es werden Grundschulen geschlossen.“ KAIJA KUTTER