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Archiv-Artikel

Opferzahl steigt

Nach dem Beben vom Mittwoch in Algerien werden immer mehr Tote gezählt. Tausende Menschen sollen noch unter den Trümmern liegen

MADRID taz ■ Die Zahl der Opfer des Erdbebens vom Mittwoch in Nordalgerien steigt stündlich. 1.467 Tote und über 7.200 Verletzte zählten die Rettungsteams gestern bei Redaktionsschluss. Wie viele Menschen noch unter den Trümmern liegen, weiß keiner zu sagen. Doch es dürften Tausende sein.

34 Stunden nach dem Beben konnte lediglich noch eine Person lebend geborgen werden. Ein 12-jähriges Mädchen wurde gestern in dem Ort Bordj el Kiffan aus ihrem eingestürzten Wohnhaus gerettet. Das verletzte Mädchen musste im Krankenhaus operiert werden.

Zum Teil mit bloßen Händen suchen die Rettungsmannschaften jedoch ununterbrochen weiter nach Überlebenden. Das deutsche Technische Hilfswerk ist mit 23 Helfern und Suchhunden in Boumerdés, dem Ort, der am stärksten von den Erdstößen getroffen wurde. Vier weitere deutsche Rettungsmannschaften sollen nach Algerien verlegt werden.

Auch Frankreich, Spanien, Italien sowie Großbritannien und die Schweiz haben Helfer vor Ort. Selbst aus der Türkei, die in den letzten Jahren gleich mehrmals von schweren Erdbeben heimgesucht wurde, reisten Helfer und Hunde an. Aus Angst vor erneuten Erdstößen schlafen viele Menschen weiterhin auf der Straße. In Boumerdés wurden in einem Park Zelte für obdachlos gewordene Menschen aufgestellt. Im Nachbarort Reghaia schlafen die Menschen im Fußballstadion.

Präsident Abdelasis Bouteflika verordnete gestern eine dreitägige Staatstrauer. Anders als bei den Überschwemmungen in Bab el Oued, einem Innenstadtviertel von Algier, vor zwei Jahren, reagieren die öffentlichen Stellen diesmal schnell. Ein Krisenstab begann bereits wenige Stunden nach dem Beben, die Hilfsaktionen zu koordinieren. Präsident Bouteflika weiß seit Bab el Oued nur zu gut, dass Naturkatastrophen auch einen politischen Preis haben können, wenn der Staat versagt. Denn nach den Überschwemmungen waren die Islamisten mit Decken und Essen für die Überlebenden zuerst zur Stelle. Die Sympathie für die Islamisten stieg dadurch, während Präsident und Regierung in Misskredit gerieten.

Das Rote Kreuz und der Rote Halbmond fordern zu Spenden für die Erdbebenopfer auf. Insgesamt wird damit gerechnet, dass mindestens 10.000 Menschen über einen längeren Zeitraum versorgt werden müssen.

REINER WANDLER