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Archiv-Artikel

Abstellgleis statt Ausbildung

Arbeitnehmerkammer: Jugendlichen ohne qualifizierten Schulabschluss droht „Wartesaal der Armut“

Von STH

SchulabgängerInnen mit geringer Qualifikation sind besonders stark davon bedroht, dauerhaft ohne Ausbildungsplatz zu bleiben. Davor warnt die Arbeitnehmerkammer in ihrem diesjährigen Armutsbericht. Wer keinen Platz an einer Berufsschule oder in einem Betrieb findet, nimmt häufig an einer Überbrückungsmaßnahme teil, bundesweit sind es 500.000 Jugendliche. Doch einen sicheren Ausbildungsplatz bedeutet die Teilnahme nicht. Hans Endl, Hauptgeschäftsführer der Kammer, spricht von einem „Wartesaal der Armut“.

Die Ansprüche der ArbeitgeberInnen seien in der Vergangenheit enorm gewachsen. Der Druck auf die Jugendlichen mit niedrigem Bildungsgrad nehme zu. „Wozu soll eine Verkäuferin Tabellenkalkulationen beherrschen?“, fragt Endl. Zwar werde in den Maßnahmen gute Arbeit geleistet – wichtig sei aber, sie besser zu koordinieren. Er fordert, den Jugendlichen bessere Perspektiven aufzuzeigen.

Die Überbrückungsmaßnahme wurde ursprünglich für sozial benachteiligte Jugendliche unter 25 Jahren konzipiert. Mittlerweile finde sich ein Drittel aller Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, in weiterbildenden Maßnahmen wieder, kritisiert die Arbeitnehmerkammer. Darunter auch Schulabgänger, die problemlos eine Ausbildung aufnehmen könnten. „Es fehlt schlicht an Ausbildungsplätzen“, so Endl. Zwar habe sich die Lage entspannt, es bestehe aber weiter Handlungsbedarf. In letzter Konsequenz müsse auch über eine Ausbildungsplatzabgabe nachgedacht werden.

Christiane Koch, Verfasserin der Studie, kritisiert, dass die Jugendlichen vom Zufall der Wirtschaftsentwicklung abhängig seien – ein „Recht auf Ausbildung“ existiere in Deutschland nicht. Zudem habe die integrative Wirkung des Dualen Ausbildungssystems in den letzten 15 Jahren erheblich abgenommen. Wer heute ohne Abschlusszeugnis ist, findet entweder gar keinen Job oder bleibt auf Dauer im Niedriglohnsektor, so der Tenor der Studie. Eine positive Nachricht hat der Bericht doch zu vermelden: In Bremen sind deutlich weniger Personen auf Arbeitslosengeld II angewiesen als noch vor zwei Jahren – um 5,5 Prozent ist ihre Anzahl gesunken. Allerdings gibt es auch hier Verlierer, Frauen und Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren profitierten weit weniger von der Entspannung am Arbeitsmarkt. Sorge bereitet der Kammer auch die auf hohem Niveau stagnierende Kinderarmut. Ein Drittel der unter Dreijährigen sei davon betroffen. STH