Besser statt billig

Nationale Maritime Konferenz: Unternehmer, Gewerkschafter und Politiker diskutieren Werftenkrise und haben viele Ideen und Versprechungen

„Schiffbau ist eine Zukunftsindustrie, die wir gemeinsam stützen müssen.“

von KAI VON APPEN

Die Situation für Beschäftigte und Unternehmen ist alarmierend – darin sind sich alle einig. Doch wie die Krise auf den deutschen Werften nachhaltig beseitigt werden kann, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Das zeigte die dritte „Nationale Maritime Konferenz“, zu der Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gestern 550 Vertreter der maritimen Wirtschaft (Hafen, Reedereien, Werften) sowie aus Bundes- und Landespolitik nach Lübeck geladen hatte.

Am Rande der Konferenz demonstrierten GewerkschafterInnen gegen die drohende Schließung der Lübecker Flender-Werft, die vor einem Jahr Insolvenz angemeldet hat und auf der 800 Arbeitsplätze in Gefahr sind.

Schröder möchte die Reeder durch eine Erhöhung des so genannten Lohnsteuereinbehalts entlasten, um den Schifffahrtstandort Deutschland zu sichern. Er greift damit einen Vorschlag der Arbeitsgruppe „Maritime Verkehrswirtschaft“ auf.

Im Gegenzug wollen die Reedereien 100 Schiffe wieder unter deutsche Flagge bringen, die in der Vergangenheit wegen zu hoher Lohnnebenkosten ausgeflaggt worden waren. Finanziert werden soll diese Subvention aus dem Etat von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD). „Das ist eine Art Bürgschaft, die wir übernehmen. Die Reeder brauchen ein Signal, das es ihnen ermöglicht, im europäischen Vergleich mitzuhalten“, sagte Stolpe.

Zuvor hatten Frank Teichmüller, Chef der IG Metall Küste, und Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD) ein kollektives europäisches Vorgehen gegen die Dumping-Politik im Schiffbau gefordert. „Die EU-Kommission muss unmittelbar auf die Dumping-Praktiken ostasiatischer Länder mit Sanktionen reagieren“, sagte Teichmüller. „Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht zeitnah ändern, gerät der deutsche Schiffbau in schwere See“, meinte auch Rohwer, „Subventionen helfen hier nicht weiter.“ Der deutsche Schiffbau bekomme erst wieder eine Perspektive, „wenn die EU-Klage vor der Welthandelsorganisation WTO gegen das preisschädigende Verhalten Koreas Erfolg hat und es wieder faire Marktverhältnisse gibt“.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) kündigte den deutschen Werften ebenfalls finanzielle Hilfe zur Verbesserung ihrer Weltmarktposition an. Für solche Beihilfen müssten einzelne Werften aber zur Kooperation mit Wissenschaft und Forschung bereit sein. Zuvor hatte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) ein Förderprogramm für neue „Aquakulturtechnologien“ angekündigt. Bis 2005 werde der Bund die Entwicklung nachhaltiger und umweltverträglicher Fischaufzuchtanlagen oder Offshore-Windanlagen mit sieben Millionen Euro fördern.

Investitionen in Innovation und Know-how ist auch für Teichmüller der richtige Weg. „Die Unternehmen müssten ihren Fokus stärker auf Forschung und Entwicklung legen“, forderte er. „Die deutschen und europäischen Werften werden in Zukunft nur eine Chance haben, wenn sie das ‚bessere‘ Schiff, nicht das ‚billigere‘ Schiff anbieten.“ Dazu sei es notwendig, stärker mit Forschungseinrichtungen, Universitäten und Fachhochschulen zu kooperieren. „Schiffbau ist eine hochmoderne Zukunftsindustrie, die wir gemeinsam stützen müssen.“