Keine Dosensteuer

Wirtschaft scheitert mit ihrem neuem Anlauf gegen das Dosenpfand an Umweltminister Jürgen Trittin

BERLIN taz ■ Schlechte Stimmung in der Getränkebranche: Auf eigenen Wunsch kam die Branche gestern bei Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zum Spitzentreffen über das Dosenpfand zusammen. Michael Rogowski, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), wollte den Minister überzeugen, das Pfand durch eine Steuer in Höhe von 5 bis 15 Cent je nach Größe der Verpackung zu ersetzen. Er kam vergeblich.

Als „Krisengipfel“ werteten das Treffen die einen, „Gedankenaustausch“ nannten es die anderen. In jedem Fall war es der Versuch der Wirtschaft, das Dosenpfand doch noch zu kippen. Dabei schien die Debatte bereits beendet, Handel und Industrie hatten zugesagt, das bundesweit einheitliche Rücknahmesystem aufzubauen. Trittin hatte ihnen dafür eine Übergangsfrist bis Oktober eingeräumt. Selbst dieser Termin sei nicht zu halten, sagen Branchenkenner.

Das Kalkül der Wirtschaftsbosse nun: Wird pro Verpackung schlicht eine Steuer erhoben, brauchen sie kein Geld in das Rücknahmesystem zu stecken. „Wir können uns die Automaten derzeit einfach nicht leisten“, klagt die BDI-Spitze. Außerdem seien 15 Prozent der Arbeitsplätze in der Verpackungs- und Getränkeabfüllindustrie gefährdet. Bundeskanzler Gerhard Schröder rechnete der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) in einem Brief zudem vor, dass so jährlich rund 1,5 Milliarden Euro in die leeren Staatskassen gespült werden könnten.

Trittin wehrte die Überlegungen als überflüssig und unseriös ab. Schließlich träfe die Steuer nur die Verbraucher, nicht aber die Verursacher der Dosenflut. Das seien nun mal die Abfüller und Vertreiber. Einen weiteren Grund nennt der Umweltminister: „Jeder weiß, dass neue Steuern und Abgaben Gift für die Konjunktur sind.“

Ein Satz, den man sonst aus dem Mund des BDI-Chefs kennt. „Sonntag wettert Rogowski bei Sabine Christiansen gegen jede Steuererhöhung, Montag geht er zu Jürgen Trittin und fordert selbst eine. Das ist eine Chaosstrategie“, schimpft deshalb Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Das Geld, das der Handel für den Aufbau der Rückgabelogistik zahlen müsse, entspräche gerade mal dem, was der Handel vor dem Dosenpfand an das Duale System Deutschland für den Grünen Punkt abgeführt habe. Das Pfand zeige außerdem längst Wirkung: 80 Prozent weniger Dosen lägen auf Parkplätzen und in Parks herum.HANNA GERSMANN