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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der derzeitige Protest der Gewerkschaften ist zum Scheitern verurteilt, weil er sich nur „gegen“ etwas – den Sozialabbau nämlich – richtet. Aber früher oder später wird sich eine neue soziale Bewegung bilden, die „für“ etwas ist

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mir, nach versehentlicher Lektüre aller Prof.-Brinkmann-Selbstentäußerungen.

Was wird besser in dieser?

OSTERFERIEN!!!

500.000 Menschen haben vorgestern gegen den Sozialabbau demonstriert. Entsteht eine neue soziale Bewegung?

Ja, weil nein. Und zwar: Maschinensturm. Der ging der Gewerkschaftsgründung ursächlich voraus: Die zünftischen Handwerksbünde protestierten gegen die Zeichen der neuen Zeit. Aus dem Scheitern dieses Protestes wuchs im zweiten, besonnenen Durchgang die Kraft, die neue Zeit nicht abzulehnen, sondern aktiv zu gestalten. Ich warte also auf den zweiten Schub – nicht gegen Sozialabbau, das sagen die seit 20 Jahren, während der Sozialabbau munter voranschreitet. Sondern für – bitte sehr. Bin gespannt.

Morgen werden die neuen Arbeitslosenzahlen veröffentlicht. Die Hartz-Reformen sollten helfen, tun sie aber nicht. Müssen wir mehr Geduld haben? Oder steht schon jetzt fest, dass sie nicht funktionieren?

Äh. Wenn man das Feuern von Mitarbeitern erleichtert, könnte es sein, dass dann mehr Mitarbeiter gefeuert werden. Dann wären stagnierende oder höhere Arbeitslosenzahlen ein Ergebnis des Hartzer Käses.

Neuerdings steht auch Arbeitszeitverlängerung auf der Agenda. Ein paradoxer Versuch die Arbeitslosigkeit zu senken?

Aber populär: Blut, Schweiß & Tränen werden in Deutschland gern genommen. Ergebnis: Lohnsenkungen, Hoffnung: Wird der geringere Lohn in niedrigeren Produktpreisen weitergereicht, steigt die Nachfrage. Die könnte man dann bedienen, indem man die Arbeitszeit noch mal verlängert, wo wir gerade so schön dabei sind.

Edmund Stoiber findet es ungerecht, wenn Beamte im öffentlichen Dienst länger arbeiten als Angestellte. Das klingt, als ob wir da nun eine sehr seltsame neue Gerechtigkeitsdebatte führen müssten?

Willkommen im Alzheimwerkermarkt! Die Arbeitszeit der Beamten wurde hochgesetzt zum Ausgleich für andere Privilegien: Unkündbarkeit, Pension statt Rente, anderes mehr. Das finde ich gerecht; auch bei den Sozialversicherungen sollten die Staatsdiener längst Beiträge zahlen – wenn sie nicht so eine ordentliche Parlamentslobby hätten bzw. wären. Nun setzt man auf das Vergessen dieser Argumente und argumentiert in die Gegenrichtung los.

Siemens will tausende Arbeitsplätze gen Osten verlagern, weil die Deutschen zu teuer und unflexibel sind. Richtig?

Solange man in Bochum Bröckchen gehustet und sich in Düsseldorf als „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ gefeiert hat, beschwerte sich niemand gegen derlei Arbeitsteilung. Nun liegen halt Grenzen oder gar Kontinente zwischen Arbeit und Mehrwert; die Idee ist die nämliche. Beispiel Mannesmann: Am Ende wird sich schon ein kleiner MitEsser finden, der Siemens für ’ne schicke Prämie verramscht.

Andersherum: Ist der Arbeitsplatz-Export nicht ein dankenswerter Beitrag zur europäischen Einigung?

Nö. Die europäische Einigung ist der Hase, der hakenreich hechelnd hinter dem allgegenwärtigen Igel Business hinterherhoppelt.

Verliert das Qualitätssigel „Made in Germany“ allmählich also seinen Wert?

… oder kehrt zurück zu seiner Bedeutung: In den 1860ern prahlte etwa Krupp mit „englischem Stahl“. Tatsächlich waren die deutschen Erzeugnisse lange minderwertig und wurden zunächst in Großbritannien so stigmatisiert: Achtung, Teutonenschrott – oder eben „Made in Germany“.

Der Osterhase bleibt uns ja noch erhalten, oder?

Ist doch schön, dass die Kirche wenigstens mit den Coverversionen großer Heiden-Hits noch Erfolg hat – Wintersonnenwende und Fruchtbarkeitsfest.

Und was macht Borussia Dortmund?

Verkauft Amoroso zum Zeitpunkt seines absolut niedrigsten Marktwertes. Nur behalten wäre teurer. FRAGEN: SR, DAH