: „Risiko für Auskreuzungen gering“
Die Union hat das rot-grüne Gentechnikgesetz im Bundesrat gestoppt. Gerda Hasselfeldt, Vize-Chefin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt die automatische Haftung von Gentech-Bauern ab. Im Zweifel werden Bauern über Fonds entschädigt
INTERVIEW BERNHARD PÖTTER
taz: Frau Hasselfeldt, die Union fordert, dass Bauern, die ihre Pflanzen von der Gentech-Ernte des Nachbarn verunreinigt sehen, das genau nachweisen müssen. Bringt das nicht den „Krieg auf den Dörfern“, wo jeder gegen jeden klagt?
Gerda Hasselfeldt: Das glaube ich eben nicht. Der Krieg auf den Dörfern kommt mit der gesamtschuldnerischen Haftung, wie sie Frau Künast plant. Also wenn ein Bauer zahlen soll, ohne dass ihm nachzuweisen ist, dass er der Verursacher der Auskreuzung ist bzw. etwas falsch gemacht hat. Dann sind alle Landwirte, die in der Region mit Gentechnik arbeiten, automatisch, haftbar. Das kann es ja wohl nicht sein.
Nach Ihrem Vorschlag muss der konventionelle Bauer genau nachweisen, wer seine Pflanzen verunreinigt. Das ist schon unmöglich, wenn es in seiner Gegend zwei Gentech-Bauern gibt.
Das ist eine Frage des allgemeinen Beweisrechts und der richterlichen Beweiswürdigung. Meines Erachtens lässt sich aufgrund von Indizien, wie der Windrichtung, schon klären, woher die Auskreuzung stammt. Das Problem ist, dass wir bisher in Deutschland keinen Erprobungsanbau hatten, mit dem solche Fragen noch genauer hätten geklärt werden können. Das hat die Regierung leider untersagt. Wir müssen auf die Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen.
Aber alle diese Erfahrungen sagen: Wo Gentech angebaut wird, kann man Auskreuzungen nicht verhindern.
Das ist schon aus biologischen Gründen nicht überall möglich. In meinem Wahlkreis Fürstenfeldbruck in Bayern wird zum Beispiel mit Genkartoffeln gearbeitet, da gibt es keine Auskreuzungsprobleme.
Wir reden jetzt aber von Mais und Raps.
Bei anderen Planzen – weniger bei Mais, sondern eher bei Raps – sind Auskreuzungen potenziell möglich. Um diese zu verhindern, gibt es ja die Regelungen der guten landwirtschaftlichen Praxis wie Abstandsflächen oder Fruchtfolgen. Wenn tatsächlich Auskreuzungen auftreten, sollen die Landwirte, die einen wirtschaftlichen Schaden nachweisen können, eine Entschädigung bekommen. Eventuell über einen Fonds.
In diesen Fonds sollen auch Steuergelder fließen. Warum soll der Steuerzahler für einen Schaden bezahlen, den der Gentech-Bauer anrichtet?
Der Landwirt, der mit Genpflanzen arbeitet, verstößt nicht gegen die Vorschriften. Der Staat könnte sich mit Geld beteiligen, weil er bisher Erprobungsanbau nicht zugelassen hat.
Warum sollen Bürger, die keine Gentech wollen, so die Risiken der Gentech absichern?
Das ist eine sehr egoistische Betrachtungsweise. Sie suchen sich als Steuerzahler ja nicht einzelne Maßnahmen aus, für die sie zahlen. Das ist eine Gesamtverantwortung. Außerdem geht es hier nicht um Umwelt- oder Gesundheitsrisiken, sondern um einen finanziellen Ausgleich.
Die Union fordert die Wahlfreiheit des Bauern und des Konsumenten: Gentech oder nicht. Gentech wird aber schnell verbreitet, wenn es erst einmal in der Umwelt ist. Setzen Sie sich also durch, gibt es keine Wahlfreiheit mehr.
Ich sehe das nicht so. Ich befürchte auch nicht eine so hohe Verbreitung. Aus Versuchen in anderen Ländern ist klar, dass bei manchen Sorten mit Abstandsflächen von fünf Metern, bei anderen von 25 Metern, die Wahrscheinlichkeit der Auskreuzung sehr gering, wenn nicht gar ausgeschlossen ist.
Die Ökobauern sagen, wenn das kommt, dann ist das unser Ende. Wenn wir in der Nähe eines Genacker liegen, dann können wir unsere Produkte nicht mehr als gentechfrei vermarkten.
Wenn die Ökobauern durch Auskreuzung einen wirtschaftlichen Schaden haben, dann wollen wir sie ja über den Fonds entschädigen.
Wenn es keine Einigung gibt, haben sie trotzdem gewonnen. Dann gilt das alte Gentechnikgesetz. Das schreibt eine individuelle Haftung vor, wie Sie sie fordern.
Wir müssen die europäische Freisetzungsrichtlinie ja umsetzen. Das ist überfällig. Wir wollen uns da auch treffen. Aber es ist nicht zwingend, dass wir die Koexistenz und die Haftung regeln bei der Umsetzung der Richtlinie. Wenn wir zu einer Einigung kommen, die Gentechnik möglich macht, dann ist es in Ordnung. Wenn nicht, dann kommt unter Umständen nichts zustande. Dann gilt in der Tat das bisherige Haftungsrecht.