So wichtig wie Wasser und Brot

Und so kommt die taz in den Knast: Sie spenden ein taz-Abo und wenden sich an die taz-Genossenschaft unter Tel. (030) 25902-213 oder per E-Mail an geno@taz.de

Sie spenden die Zeit der Nichtbelieferung Ihres taz-Abos: Abo-Service: (030) 25902-590

Wenn Sie ein taz-Abo spenden möchten und eine Spendenquittung benötigen, so wenden Sie sich direkt an den Verein Freiabonnements für Gefangene e. V.; Köpenicker Str. 175, 10997 Berlin; Tel. (030) 611 2189; www.freiabos.de

Seit 30 Jahren spenden taz-LeserInnen Knastabos. Jetzt wurde dem Verein „Freiabonnements für Gefangene“ ein Ehrenpreis zuerkannt

Die Forderung „Für jeden Knacki eine taz“ war schon vor dreißig Jahren keine pfiffige Aboaktion, sondern eine politische Forderung und also völlig ernst gemeint. Als die taz 1979 gegründet wurde, war die „Knastarbeit“, also die Betreuung inhaftierter AktivistInnenen, fest in der linken Altnernativszene verankert.

Die Überzeugung, dass freier Zugang zu Information ein Grundrecht ist und genauso wie Wasser und Brot zur Grundversorgung gehört, die auch hinter Gittern uneingeschränkt gewährleistet sein muss, war der Anfang der taz-Knastabos, aus denen 1985 der Verein „Freiabonnements für Gefangene e.V.“ entstand. Heute versorgt dieser nahezu 3000 Inhaftierte mit einem Zeitungsabonnement – und die meisten Blätter gehen täglich durch mehrere Hände.

Mit rund 750 Exemplaren ist die taz die meist gelesene Tageszeitung hinter Gittern. Für sein nachhaltiges Engagement wurde dem Verein „Freiabonnements für Gefangene“ am achten November dieses Jahres der Ehrenpreis „pro reo“ des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zugesprochen. Rechtsanwalt Werner Leitner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des DAV, begründete die Entscheidung mit dem beharrlichen Bemühen „um die Integration und Bildung von Gefangenen.“ Nur wer zuverlässig über die aktuellen Ereignisse „draußen“ informiert wird, bleibe Bestandteil der Gesellschaft und könne wieder ein eigenverantwortliches Leben führen. So leiste der Verein einen vorbildlichen Beitrag dazu, das Ziel des Strafvollzugs, nämlich ein Leben ohne Straftaten führen zu können, zu erreichen.“

Mit nur 16 Mitgliedern leistet sich der Verein eine recht überschaubare Struktur. Zu den eingetragenen Gründungsmitgliedern gehört auch taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch. Denn der Verein „Freiabonnements für Gefangene e.V.“ wurde 1985 gewissermaßen aus Notwehr gegründet. Die taz schaffte es nicht mehr, die vielen Anfragen aus den Justizvollzugsanstalten zu bearbeiten. Der gemeinnützige Verein kann nun auch andere Zeitungen – derzeit sind es rund 40 verschiedene – anbieten und für die Freiabos sogar Spendenquittungen ausstellen. Viele taz-LeserInnen wählen aber immer noch den direkteren Weg und verzichten dabei freiwillig auf die Steuervorteile: Sie leiten ihr eigenes Abo während der Lieferunterbrechung in Urlaubszeiten an die Abteilung „Knastabos“ in der taz weiter oder zeichnen gleich ein ganzes Abo mit dem Vermerk, es für die Knastarbeit zu spenden. Auf diesem Weg ist nicht nur dem Empfänger, sondern auch der taz geholfen, die natürlich von jedem Abo, also auch von einem Knastabo profitiert. Bis vor sieben Jahren wurden in der taz zur Weihnachten und Ostern noch Päckchen gepackt und in die JVA Tegel geschickt.

Auch dieser „Service“ hat inzwischen beim Verein „Freiabonnements für Gefangene“ eine neue Heimat gefunden. Wer den Gefangenen eine große Freude machen möchte, kann nun via Internet auf verschiedenen Wegen ein Paket verschicken – oder verschicken lassen. Es ist nämlich gar nicht so einfach, eine Weihnachtsüberraschung hinter schwedische Gardinen zu bekommen. Viele Beschränkungen, die der Verein natürlich alle kennt, müssen beachtet werden. Ein Gefangener darf in der Regel nur bis zu drei Pakete pro Jahr empfangen, aber viele Inhaftierte können selbst diesen Rahmen nicht ausschöpfen. Sie haben keinen Kontakt mehr zu Familie oder Freunden und freuen sich also auch und gerade über Geschenkpakete von Menschen, die sie gar nicht kennen. Wer selbst ein Päckchen packen möchte, kann sich beim Verein „Freiabonnements für Gefangene“ über die Don‘t do-Liste informieren. Grob gilt: Kein Alkohol, keine Medikamente, keine spitzen Gegenstände. Klingt überschaubar, aber der Teufel steckt wie immer im Detail: So ist selbst Traubenschokolade mit Rum verboten und würde das Paket im Zweifel retour gehen lassen.

Um auch die vielen Häftlinge anderer Nationalitäten mit Informationen grundzuversorgen, bietet der Verein zahlreiche fremdsprachige Zeitungen an. Es gibt polnische und türkische Wochenzeitungen, russische, arabische, englische und französische Blätter gehören zum Angebot. Es gibt das Neue Deutschland genauso wie die Emma, die taz wie die FAZ. Viele zahlende UnterstützerInnen machen das möglich. Das Verhältnis zur „tageszeitung“ wird aber immer ein besonderes bleiben. Nicht nur, weil sich zusätzlich zur gemeinnützigen taz-Aboakquise auch eine konzertierte Öffentlichkeitsarbeit entwickelt hat, dessen sichtbares Zeichen die gemeinsamen veranstalteten, regelmäßig stattfindenden Berliner „Kriminalpolischen Gespräche“ sind. Sondern auch, weil sich alle seit dreißig Jahren einig sind: Die Überzeugung „taz muss sein“ gilt hinter Gittern mehr als überall sonst im Land.

MARTIN RIBBERT