Streit um Zigarettenschmuggel verraucht

US-Konzern Philip Morris bietet der EU eine Milliarde Dollar, um Konflikt über illegalen Zigarettenhandel beizulegen. Vorwurf der EU: Tabakhersteller unterstützen Schmuggel, um den Absatz zu erhöhen. Zahl der rauchenden Jugendlichen nimmt zu

BRÜSSEL ap/rtr/taz ■ Die EU-Kommission und der US-Tabakhersteller Philip Morris stehen vor einer Einigung in ihrem Rechtsstreit um geschmuggelte Zigaretten. Der Konzern ist zu einer Milliardenzahlung an die Kommission und die Europäischen Mitgliedstaaten bereit. Philip Morris wolle über zwölf Jahre hinweg rund eine Milliarde Dollar, umgerechnet 1,2 Milliarden Euro, zahlen, sagte gestern der zuständige Manager David Davies. Das Geld solle den Kampf gegen Schmuggel unterstützen.

Die zuständige EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer erklärte, der Rechtsstreit sei mit der Einigung beseitigt. „Diese Zahlungen sollen nicht als Strafe oder Rückforderungen der EU betrachtet werden“, fügte sie hinzu. Die Besiegelung des Abkommens mit Philip Morris hänge jetzt noch an der Zustimmung der EU-Staaten, von der sie aber ausgehe, sagte Schreyer.

Die EU ist der Ansicht, dass Philip Morris und Konkurrent R. J. Reynolds besonders den osteuropäischen Markt mit Zigaretten bewusst überversorgen – und zwar in der Hoffnung, dass der Überschuss in die EU-Staaten geschmuggelt wird. Der EU gehen dabei nach eigenen Angaben mehrere hundert Millionen Euro an Steuereinnahmen verloren.

Im November 2000 strengte die EU-Kommission dann im Auftrag von zehn EU-Staaten – darunter auch Deutschland – vor einem New Yorker Gericht im November 2000 eine Klage an. Das zuständige Bezirksgericht in New York hatte die Klage der EU aber im Februar 2002 zurückgewiesen. Die EU behielt sich daraufhin weitere Rechtsmittel vor. Schreyer betonte, das derzeit diskutierte Abkommen betreffe nur Philip Morris.

Philip Morris gehört zur Altrai-Gruppe und stellt unter anderem die Marken Marlboro, L&M und Chesterfield her. Die Europäische Union hat allerdings auch dem US-Konkurrenten Reynolds vorgeworfen, mit den Schmugglern zu konspirieren, um Zölle und Steuern in der EU zu vermeiden.

Die Zigaretten werden am Zoll vorbei eingeführt und vor dem Verkauf mit gefälschten Zoll-Banderolen versehen. Die Tabakkonzerne stehen in dem Verdacht, an dem Piratengeschäft beteiligt zu sein. Denn: Zumeist sind die Verpackungen so perfekt, dass sie von legalen Fertigungsbändern stammen müssen.

Bei der Schmuggelei geht es allerdings schon lange nicht mehr allein um schlichte Steuerhinterziehung. Mit dem organisierten Tabakschmuggel wird nach Zollangaben bereits mehr Geld verdient als mit dem Drogenhandel. Rund ein Drittel aller Zigaretten soll mittlerweile in dunklen Kanälen landen.

Der Schwarzhandel blüht auch deshalb, weil viele das Rauchen immer noch nicht lassen können. So hat vor allem die Zahl der jugendlichen Raucher im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen: Von den 16-jährigen Jungen rauchen inzwischen 51 Prozent und von den Mädchen immerhin 38 Prozent. Besonders erschreckend ist dabei, dass die jugendlichen Raucher immer jünger werden: Nach einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums beträgt das Einstiegsalter ganze 11,6 Jahre.