Harmlos aktuell

Bohuslav Martinus Oper „Greek Passion“ im Musicaltheater am Richtweg erstaufgeführt

Jesus wird exkommuniziert und schließichermordet

Mit der Gattung der Oper verbindet man im 20. Jahrhundert weniger den Namen Bohuslav Martinu als Alban Berg, Arnold Schönberg oder Dimitri Schostakowitsch. In den 50er- und 60er-Jahren prägen dann Figuren wie Luigi Nono die Szene, aber auch Bernd Alois Zimmermann mit „Die Soldaten“ (1960), deren Urfassung der Komponist tragischerweise verbrannt hat, weil sie als unspielbar galt.

So radikal war der Tscheche Martinu bei der Ablehnung seiner 1957 entstandenen Oper „Greek Passion“ nicht. Er verschenkte nur die Notenblätter. Sie wurden alle wieder gefunden. Nach der Uraufführung 1999 in Bregenz spielte nun das Bremer Theater die deutsche Erstaufführung der rekonstruierten Originalversion.

Die Spannung war also groß, aber ein nennenswerter Beitrag zur Gattung Oper ist das Werk kaum. Nur, wenn man die folkloristisch-romantische Tonsprache mag, kann man ein dramatisches, immer vorwärstreibendes, ungemein buntes Orchesterkolorit genießen, für das der Dirigent Stefan Klingele ein exzellenter Anwalt war.

In der Oper nach einem Roman von Nikos Kazantzakis werden verschiedene Ebenen ineinander geschoben: Die Bewohner eines griechischen Dorfes bereiten ein Passionsspiel vor, während Flüchtlinge ins Dorf kommen. Besonders der Darsteller des Christus identifiziert sich dermaßen mit seiner Rolle, dass er zum Außenseiter wird, als er den Flüchtlingen helfen will. Er wird exkommuniziert und schließlich ermordet.

Die Aktualität des Themas liegt auf der Hand, ohne dass allerdings eine überzeugende Dramaturgie zustande käme. Denn nachdem die Regisseurin Rosamund Gilmore mehr als eindrucksvoll den Flüchtlingsstrom, gestaltet hat – ein hohes Lob gebührt hier dem Chor – geht es nur noch um Gespräche über Gott und Christus. Am Ende sind die Unglücklichen auf einmal wieder da – nun ausgestoßen.

Gilmore entschied sich für eine realistische Darstellung mit großer und liebevoller Detailgenauigkeit. Das geht aber nicht immer auf. Die filmschnittartige Kompositionstechnik kommt viel zu unentschlossen und unscharf daher. Diese Bilder, unterstützt von der bombastischen, illustrativen, aber letztlich harmlosen Musik, geraten manchmal in die Nähe des Kitsches, obschon noch andere Mittel der Brechung aufgeboten wurden: Zum Beispiel sitzt das Orchester auf der Bühne. Oder aber die Orte des Geschehens verschieben sich auf Carl Friedrich Oberles Bühne ineinander. Oder ein Sprecher erzählt die Geschichte weiter…

So problematisch das Werk in seiner altbackenen Ästhetik erscheint, so sehr gebührt den Ausführenden Lob. Allen voran bestechen Jeffrey Stewart als Manolios und Sybille Specht mit leuchtendem Sopran als leidenschaftliche Katerina und charismatische Maria Magdalena. Die gegensätzlichen Priesterautoritäten – selbstgefälliger und fundamentalistischer Vorsteher des Dorfes der eine, Flüchtling der andere – waren durch Andreas Haller und Loren Lang kraftvoll charakterisiert. Es kennzeichnet die Aufführung, dass es keine Nebenrollen gab, so gründlich war das alles von Gilmore modelliert.

Ute Schalz-Laurenze

Nächste Aufführungen: 4., 6., 28. und 30. Juni sowie 4. Juli, Musicaltheater, jeweils 19.30 Uhr