: Der polnische Außenminister ist nackt
Zeitschrift veröffentlicht geheime Informationen aus dem Ministerium. Amtsinhaber Cimoszewicz bietet Rücktritt an
WARSCHAU taz ■ Polens Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz hat überraschend seinen Rücktritt angeboten. Der Grund: die Titelgeschichte in der Satirezeitschrift NIE (Nein): „Cimoszewicz nackt“. Die Zeitschrift war in den Besitz von zwölf Festplatten aus Computern des Außenministeriums geraten und zitierte erste private Informationen aus dem Leben des Außenministers sowie hochoffizielle und geheime Vorgänge aus dem Ministerium.
Premier Leszek Miller, der selbst erst vor einigen Tagen aufgrund des Vertrauensverlustes durch zahlreiche Korruptionsaffären der Regierung seinen Rücktritt für den 2. Mai angekündigt hatte, will das Rücktrittsangebot des Außenministers nicht annehmen. So kurz vor dem Beitritt Polens zur EU dürfe die Regierung nicht auseinander brechen. Cimoszewicz solle zumindest bis zum 1. Mai durchhalten.
Auf den zwölf Festplatten seien – wie NIE schreibt – zum Teil hoch geheime Dokumente der Jahre 1992 bis 2004 gespeichert. Dies betreffe nicht nur den Einsatz von Geheimdienstpersonal im Ausland und deren Betreuung durch die Botschaften, sondern auch Rüstungsgeschäfte der Regierung. Das Blatt gibt die Empfehlungen eines US-Verteidigungsexperten für Polens künftigen Armeeaufbau wieder und kommentiert: „Die Geschichte zeigt, dass die Empfehlung des Yankees bis aufs Jota erfüllt wurde.“
Neben privaten E-Mails von Sekretärinnen sei das Blatt auch im Besitz von Daten des Sicherheitsamtes der Regierung mit Adressen hoher Staatsbeamter, deren Wagentypen, Autokennzeichen und Garagenstellplätzen. Kommentar: „Dies könnte Terroristen sehr gefallen.“ Auch alle Bodyguards und andere Sicherheitskräfte des Außenministeriums seien dem Blatt mit Namen und Adressen bekannt. Zudem ein Großteil der Korrespondenz des Ministeriums aus den letzten zwölf Jahren.
Cimoszewicz, der die politische Verantwortung für den Sicherheitsskandal im Ministerium übernahm, schloss in einer Erklärung nicht aus, dass auf den Festplatten Informationen sein könnten, deren Veröffentlichung dem polnischen Staat extrem schaden könne. Er habe den Generalstaatsanwalt informiert und Strafanzeige gestellt sowie den Inlandsgeheimdienst eingeschaltet. Die Gazeta Wyborcza berichtet, dass auch ihr von einem Unbekannten für mehrere tausend Zloty Festplatten „aus einem Ministerium“ angeboten worden seien. Sie habe jedoch abgelehnt. GABRIELE LESSER