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: Die Welt ist nur ein Zeichentrick

„The Animatrix“ (Mo., 23.45 Uhr)

In einem mit „Matrix“-Werbung bedruckten Bus ins Kino gefahren, „Matrix“ geguckt, zwischendurch aufs Klo, wo über dem Pissoir der Optiker von nebenan gegen Vorlage der Eintrittskarte „10 % Rabatt auf Original-Matrix-Sonnenbrillen“ verspricht, „Matrix“ zu Ende geguckt, an „Matrix“-Plakaten vorbei nach Hause spaziert, zur Beruhigung den Fernseher eingeschaltet – und bei Pro 7 „Antimatrix“ gesehen. Es gibt kein Entkommen aus der totalitärsten Vermarktungskette seit „Star Wars“ und „Pokémon“. Umso erstaunlicher ist es, dass die animierte Zeichentrickversion „Animatrix“ den Überdruss nicht steigert, sondern spürbar lindert.

Eine intelligentere und ambitioniertere Übersetzung von großem Kino auf die kleine Mattscheibe nämlich hat es noch nicht gegeben. Die Sammlung aus neun Kurzfilmen erweitert und vertieft den bekannten Plot auf recht anspruchsvolle Weise. Was im starren Rahmen des Films nur angedeutet werden kann, wird hier genüsslich auserzählt. Wobei sich dieser Genuss vor allem auf die optischen Schauwerte stützt, mit denen „Animatrix“ den ästhetischen Bogen spannt von computergenerierter Animation zu klassischen japanischen Anime im Manga-Stil.

Weil der Kinofilm weitgehend am Rechner entstanden ist, steuern die Regisseure Larry und Andy Wachowski höchstselbst eine neunminütige Spin-off-Episode bei, die sich vom Original kaum unterscheiden lässt. Und weil asiatische Kampftechniken unter Aufhebung der Schwerkraft zu den stilprägenden Innovationen der „Matrix“-Filme gehören, lassen japanische Anime-Spezialisten wie Yoshiaki Kawajiri gehörig die Trickfilmfiguren fliegen. Zur visuellen Perfektion gesellen sich denn auch gut erzählte Geschichten – was denn auch die leichtere Übung ist, da sich das narrative Grundkonzept der simulierten Realitäten wie von selbst ad infinitum variieren lässt. „Animatrix“ ist das ideale „missing link“ zwischen Computerspiel und Kinofilm. Verwertungskette geschlossen? Nicht ganz: Ab heute gibt’s „Animatrix“ auch auf DVD und Video. Und jetzt freuen wir uns alle auf „Matrix On Ice“.  FRA