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Archiv-Artikel

Ohne Hausmacht

Zwei Jahre lenkte Fritz Raff vom kleinen Saarländischen Rundfunk den großen ARD-Tanker – und hielt Kurs

Von STG

Fünfzig Seiten dick ist das „ARD-Vorsitz des Saarländischen Rundfunks 2007/2008 – eine Bilanz“ betitelte Heftchen. Anders als seine Vorgänger bei früheren vorsitzenden ARD-Anstalten wurde es nicht nur für den internen Gebrauch herumgeschickt, sondern fand seinen Weg auch in die Medienredaktionen. Selbstbeweihräucherung? Natürlich, aber in diesem Falle eine lässliche Sünde.

Denn die Bilanz des kleinen Saarländischen Rundfunks (SR) auf der Brücke des großen Tankers ARD kann sich tatsächlich sehen lassen. Die zweitkleinste ARD-Anstalt hat in den medienpolitisch hektischen und für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk alles andere als einfachen vergangenen zwei Jahren für die ARD vielleicht mehr bewirkt als die bislang auf den regelmäßig rotierenden ARD-Vorsitz abonnierten Dickschiffe wie WDR, NDR & Co.

Schließlich hatte SR-Intendant Fritz Raff (Foto) keine große Hausmacht mit entsprechendem Erpressungs-, pardon: Überzeugungspotenzial wie die reichen Großanstalten, die vordem das meiste im kleineren Kreis auskungelten: von Sportrechten bis zum Engagement von Günther Jauch. Raff musste immer erst Mehrheiten besorgen – und schien manchmal selbst erstaunt darüber, wie verschnupft manche seiner IntendantenkollegInnen auf offene Debatten und erst recht Kritik reagierten. Aus dem Blick geriet dabei der ebenfalls laufende Generationswechsel in der ARD, der durch die teilweise bleierne medienpolitische Debatte um Gebührenerhöhung und den Rundfunkänderungsstaatsvertrag überlagert wurde: Der Senderverbund hat mit Volker Herres einen neuen Programmchef fürs Erste, der NDR einen neuen, deutlich jüngeren Intendanten, auch Radio Bremen könnte schon die Weichen Richtung Verjüngung gestellt haben, doch im Stadtstaat stellt man sich gerade selber Beinchen, weshalb Heinz Glässgen noch ein bisschen kommissarisch weitermacht.

Doch zentral war in der Ära Raff die Medienpolitik, von „turbulenten Zeiten“ schreibt der 60-Jährige in seiner Bilanz. Kaum war die SR-Bilanz erschienen, polterte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung per Leitartikel („Die fetten Jahre kommen“) in bewährter Schärfe gegen ARD und ZDF: „So wächst der öffentlich-rechtliche industrielle Komplex unaufhörlich, die um ihre wirtschaftliche Zukunft kämpfende freie Presse drückt er an die Wand und behauptet, den einzig wahren Journalismus darzustellen.“ Ein dickeres Lob dürfte Raff nicht einmal von seinen Intendantenfreunden bekommen. STG