: Eine Hochzeit mit Bauchschmerzen
Die Sparwut zwingt sie dazu: Lüneburgs akademische Lehrstätten fusionieren. Schon verhandeln die beiden Hochschulsenate über den Entwurf zum Fusionsgesetz, das bis Sommer verabschiedet werden soll: Nächstes Jahr werden alle Studiengänge auf Bachelor-Master-System umgestellt
LÜNEBURG taz ■ Die Studierenden erwarten es mit Spannung: Das Gesetz über die Fusion der Stiftungs-Universität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen (FH NON) zum 1. Januar 2005. Auf einer internen Sitzung haben die beiden Hochschulsenate gestern den Entwurf zum Fusionsgesetz verhandelt, das noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Die Ergebnisse werden heute der Öffentlichkeit vorgestellt. Wie die taz erfuhr, sieht der Entwurf die Umstellung aller Diplom- und Magister-Studiengänge auf das Bachelor-Master-System zum Wintersemester 2005/2006 vor.
Wegen ihres raschen Reformtempos dürfte die neu enstehende Universität Lüneburg mit insgesamt rund 11.000 Studierenden als Vorreiterin im so genannten Bologna-Prozess gelten, der europaweit einheitliche Abschlüsse vorschreibt. Die Einführung des internationalen Bachelor-Master-Systems macht die bisherige Unterscheidung von Uni und FH obsolet. Sparzwang ist aber der Hauptgrund für die Fusion. So sieht das „Hochschuloptimierungsgesetz“ der schwarz-gelben Landesregierung Mittelkürzungen an den Hochschulen von insgesamt 40 Millionen Euro vor. Der Sparwut fürchten vor allem Studiengänge der Sozial- und Geisteswissenschaften zum Opfer zu fallen.
Im Zuge der Fusion der Lüneburger Lehrstätten werden die Curricula aller Studiengänge neu geschrieben. Das sehen StudierendenvertreterInnen mit Skepsis, fürchten sie doch um das Profil ihrer Ausbildung. Zugleich beklagen sie, die Präsidien würden den Umbau eigenmächtig durchboxen. „Es wird zwar von Offenheit geredet, man kriegt aber oft nur Teilinformationen“, rügte eine Studierendenvertreterin gegenüber der taz.
Bauchschmerzen macht den Studierenden vor allem die Verlässlichkeit ihrer einst gewählten Studiengänge. Nach taz-Informationen sieht das Fusionsgesetz vor, dass aktuell Eingeschriebene nur noch bis Sommersemester 2010 nach der alten Prüfungsordnung auf Magister und Diplom studieren dürfen. „Bisher war von 13 Semestern die Rede. Nun müssen die letzten Anfänger, die im Sommer 2005 noch im alten System antreten dürfen, ihr Studium in zehn Semestern durchziehen“, moniert Caspar Heybl vom Uni-AStA. Dadurch würden die Studierenden zum Wechsel ins Bachelor-Master-System gedrängt.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Lehrangebot abgespeckt werden soll. „Das kostet möglicherweise zusätzliche Semester“, warnt Heybl. In Folge der staatlich verordneten Einsparungen verlieren Uni und FH je 30 Stellen in den nächsten zwei Jahren.
Heybl ärgert sich auch über Einschnitte in der Studierendenvertretung. So soll es ab Januar 2005 einen gemeinsamen AStA mit jeweils drei SprecherInnen, einem Finanzreferenten sowie höchstens drei weiteren stimmberechtigten Mitgliedern pro Studierendenschaft geben. „Wir haben jetzt an der Uni sechs Referate“, erläutert Heybl seine Bedenken, die studentische Selbstverwaltung werde ausgedünnt.
Offen ist bisher, welche Zugangsvoraussetzungen BewerberInnen erfüllen müssen. Große Sorge der StudierendenvertreterInnen ist, dass BewerberInnen mit Fachabi benachteiligt werden und die neue Uni ihnen weniger Studienplätze zur Verfügung stellt. So kritisiert Marion Funck, die kleine FH werde durch die größere Uni geschluckt: „Die gemeinsame Uni ist auf einem schiefen Fundament gebaut.“
ANNIKA NOFFKE