Eitel Sonnenschein

Zur ersten Hauptversammlung in der Ullstein-Halle hat der Axel Springer Verlag frohe Botschaften für die Aktionäre – und schlechte für die Leser

VON HEIKO DILK

Kurz nachdem Mathias Döpfner seine Rede beendet hatte, ließ Friede Springer ihm einen Zettel überreichen. Döpfner las, errötete leicht, wandte sich um und nickte Friede Springer dankbar zu. Friede Springer lächelte nickend zurück.

Vielleicht hat sie dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, an der sie selbst 10 Prozent der Aktien hält, gedankt, dass er die Verdienste des Gründers Axel Cäsar um Berlins „Neue Mitte“ mal wieder ausführlich würdigte, schließlich sei, als Springer den Grundstein zum alten Springer-Gebäude in der Kochstraße legte, alles „Brache“ gewesen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sie ihm zu seiner Rede gratuliert hat. Die war zwar nichts Besonderes, aber insofern historisch, als sie aus Anlass der der ersten Hauptversammlung im Springer-Neubau, ebenfalls in der Kochstraße, und dort in der Ullstein-Halle gehalten wurde. Das Döpfner hier gute Zahlen verkünden durfte, wollte er dann auch, wie es bei derartigen Reden so Sitte ist, als „gutes Omen“ sehen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Giuseppe Vita, umschrieb das gleich zweimal mit den Worten: „Die Sonne scheint auf Springer.“

Weniger nebulös ausgedrückt heißt das, dass der Verlag (Die Welt, Bild) 2003 einen Überschuss von 130 Millionen Euro erwirtschaftet hat – gegenüber 61 Millionen 2002 und einem Verlust von 198 Millionen 2001.

Der Umsatz allerdings ist seit 2001 rückläufig, was daran liegt, dass Springer sich von einigen Geschäftsbereichen getrennt hat. Außerdem arbeiten bei Springer mittlerweile 2.600 Menschen weniger als Ende 2001. Rund 11.400 sind es noch.

Für dieses Jahr rechnet Springer wieder mit einem leichten Umsatzplus, der Überschuss vor Steuern und Abschreibungen (Ebita) wird aber wohl niedriger ausfallen als 2003. Als Gründe nannte Döpfner unter anderem die Gründung der 14-täglichen Programmzeitschrift TV Digital, die das Ergebnis wohl mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag belasten werde.

Außerdem will Springer weiter expandieren. So hat er sich rückwirkend zum 1. Januar mit 14,5 Prozent an der Westfalen-Blatt-Gruppe beteiligt, die 5 Hauptblätter mit 25 Lokalausgaben herausgibt, das Kartellamt muss allerdings noch seine Zustimmung erteilen. Und heute erscheint die russische Lizenzausgabe des amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes. Dafür hat Springer die Tochtergesellschaft Axel Springer Russia gegründet, die im Laufe des Jahres noch eine weitere Zeitschrift in Russland herausbringen soll.

Öffnung nach Osten

Dazu ermutigt fühlt Springer sich vor allem durch den beängstigenden Erfolg des polnischen Boulevardblatts Fakt nach Vorbild von Bild, das innerhalb von zwei Monaten mit Abstand Marktführer auf dem polnischen Zeitungsmarkt wurde. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden 644.000 Exemplare verkauft. So was kann Springer eben, denn auch Bild hierzulande war durchaus erfolgreich und trug maßgeblich zum Ergebnis bei.

Die Lage in Großbritannien ist dagegen weiterhin unklar. Zu den Gerüchten, dass der Konzern die konservative Tageszeitung Daily Telegraph kaufen wolle (angeblich für rund 900 Millionen Euro), wollte Döpfner nichts sagen. Zu Marktspekulationen äußere Springer sich nicht, sagte er.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, dass Die Welt natürlich noch immer Verlust macht, trotz der Zusammenlegung mit der Berliner Morgenpost. Da drohen wohl Preiserhöhungen, weil Döpfner keine nennenswerte Erholung der Konjunktur erwartet und deshalb auch nicht bei den Anzeigenerlösen. Die Zeitung müsse den Lesern mehr wert sein als ein „Glas Wasser“ oder eine „SMS an ‚Deutschland sucht den Superstar‘“, sagte Döpfner. Das hängt natürlich von der Zeitung ab.