Im Durchschnitt verhaftet

Trotz der jüngsten Erfolgsserie, die in einem 6:1-Erfolg gegen Meister Berlin gipfelte, sind die Hamburg Freezers sportlich auf biederes Mittelmaß abonniert

Bonjour Tristesse! Wer sich als Fan des schnellsten Mannschaftssports der Welt – dem Eishockey – den Hamburg Freezers verschrieben hat, der bucht genau genommen gleichzeitig ein Dauer-Abo auf das Mittelmaß. Seit Jahren schon propagiert die Vereinsführung stets im Spätsommer auf ein Neues, dass die „Kühlschränke“ in der kommenden Serie in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) aber nun so etwas von vorne mitmischen würden und mit der Unterstützung eines, nun ja, gewissen Maßes an Fortune fraglos auch Meister werden könnten. Letztlich endet aber alles wieder unheilvoll in einem Déjà-vu, das in einem tiefmatten Grau ausgemalt ist.

Genau genommen ist es fast so wie in dem Hollywood-Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – nur eben ohne merkliche Verbesserung, nachhaltigen Erfolg oder zumindest Katharsis. Seit mehr als sechs Jahren schon, seit dem ersten Bully in der Saison 2002 / 03, sind die Hamburg Freezers voll und ganz dem Durchschnitt verhaftet. Zugegeben, hin und wieder wird dann auch einmal zur Abwechslung der Trainer ausgetauscht – so, wie es jetzt gerade erst in der vergangenen Woche geschehen ist, als der 52 Jahre alte Kanadier Paul Gardner auf seinen beurlaubten Landsmann Bill Stewart folgte.

Gardner hatte, wie es nach einem Trainerwechsel öfters schon vorgekommen ist, in seinen ersten Spielen auch einen recht passablen Erfolg. Der 2 : 3-Heimniederlage zum Auftakt gegen die Wolfsburg Grizzly Adams folgten Siege in Isalohn (5 : 4 nach Verlängerung) und bei den Kölner Haien (4 : 3 nach Penalty-Schießen). Die Krönung der kleinen Siegesserie: Das Heimspiel gegen die Eisbären Berlin am 2. Weihnachtstag endete in der mit 12.822 Zuschauern erstmals ausverkauften Color Line-Arena mit einem 6 : 1-Kantersieg.

Doch trotz der Erfolgserlebnisse der jüngsten Vergangenheit glauben immer weniger Anhänger der Freezers an einen Sprung aus dem Niemandsland der DEL-Tabelle nach vorne. Noch immer trennt den Tabellenelften zumindest ein Platz von dem Rang, der zur Teilnahme an der Qualifikation für die Play-Offs berechtigt, in denen die Meisterschaft ausgespielt wird. Die Zuschauerzahlen sind schon seit längerem rückläufig. Derzeit pendeln sie sich, wenn nicht gerade die Eisbären Berlin an einem Feiertag zu Gast sind, bei einem Schnitt von rund 6.000 Zuschauern ein.

Ihr wirtschaftliches Ziel, endlich einmal die schwarze Null zu erreichen, werden die Freezers – das lässt sich schon jetzt sagen – auch in dieser Saison nicht erreichen. Das war ihnen selbst in der Spielzeit 2003 / 04 nicht gelungen, als sie bis ins Halbfinale kamen, erst dort am späteren Meister Frankfurt Lions scheiterten und der Sport in Hamburg boomte. Damals war es angesagt, zum Eishockey zu gehen; seit den vergangenen drei Jahren ist es in zunehmenden Maße nur noch bedauernswert.

Paul Gardner heißt also nun der neue Hoffnungsträger, der von Freezers-Geschäftsführer Boris Capla fast schon wie ein Eishockey-Messias empfangen worden war. Als er den neuen Coach begrüßt habe, „da erklang wie aus heiterem Himmel Weihnachtsmusik. Vielleicht ist es auch eine Fügung von oben“, orakelte Capla – ein anderes „oben“ gibt es bei den Freezers derzeit auch nicht. CHRISTIAN GÖRTZEN