: Nachdenken ist gefährlich
Am Sonntag spielt der Cooljazz-Altmeister Lee Konitz mit dem Cologne Contemporary Jazz Orchestra in der Glocke
Der 1927 in Chicago geborene Lee Konitz gilt als einer der Stilbildner des Cooljazz, weil er als erster einen neuen, schlankeren, eher klassischen Klang auf dem Altsaxophon etablierte. Das 18-köpfige Cologne Contemporary Jazz Orchestra bietet Musikern und Arrangeuren aus dem Kölner Raum eine Plattform, zeitgenössischen Bigband-Jazz zu spielen. Für einen „Out of Town“-Auftritt in der Glocke konnten sie den Wahl-Kölner Konitz als Starsolisten gewinnen.
taz: Herr Konitz, in den 50er Jahren haben Sie viel in größeren Bands gespielt, etwa bei Miles Davis oder bei Stan Kenton. Ist das Bremer Konzert zusammen mit dem CCJO ein Weg zurück zu den Wurzeln?
Lee Konitz: Das ist Teil meiner Erfahrung, aber nicht unbedingt der mir Liebste. Bei Stan Kenton war ich einer von zehn Saxophonisten, aber wenn ich dann mal ein 16 Takte langes Solo spielen durfte, habe ich Herz und Seele hineingelegt, denn ich musste vielleicht eine Stunde auf meine nächste Gelegenheit warten. Es gibt da auch eine Befriedigung, wenn das Ensemble gut zusammen klingt, und ich bin froh, dass es, wie beim CCJO, immer noch kreative Komponisten und Arrangeure gibt. Dies ist eine gute Band, gestern hat sie für den Auftritt in Bremen von morgens um zehn bis abends um sechs konzentriert geübt. So etwas habe ich selten erlebt, das war sehr eindrucksvoll.
Sie haben ja einen Ton entwickelt, der sich sehr von der hitzigen Bebop-Phrasierung abhebt. Wie haben Sie diesen Sound gefunden?
Ich habe nur versucht, gut und richtig zu spielen, und das fällt mir manchmal immer noch schwer. Ich wollte keinen besonders originellen Ton finden, ich wollte eigentlich nur „one of the boys“ sein, aber durch meine körperliche Beschaffenheit und Gefühlswelt klang ich halt anders. Das hat auch viel mit dem Körper zu tun. Ich konnte nicht so spielen wie Charlie Parker, der ein großer Mann mit viel mehr Lungenvolumen war.
Dabei sind Sie zu eine Gallionsfigur des „Cooljazz“ geworden. Wie gefiel Ihnen dieser Stempel?
Das hatte ja zuerst eine eher negative Bedeutung, um uns von den heißen, schwarzen Musikern abzusondern. Mich hat das nicht weiter intererssiert. Und ich bin nicht daran interessiert, mit brillanten Soli anzugeben. Ich halte lieber vorher einen Moment inne, höre auf meine Mitspieler und mache dann mit jeder Improvisation tatsächlich eine neue Erfahrung. Das ist schwer: Es kann gefährlich werden, wenn man auf der Bühne mit dem Nachdenken beginnt.
Interview: Wilfried Hippen
Konzert: 18.4. um 20 Uhr in der Glocke