Todesurteil für Vietnams Mafiaboss

Auch Ex-Parteikader werden verurteilt, doch bleiben Zweifel am Reformwillen der Kommunistischen Partei

BANGKOK taz ■ Vietnams berüchtigter Mafiaboss Truong Van Cam ist gestern in einem Aufsehen erregenden Prozess zum Tod verurteilt worden. Dies verkündete ein Gericht in Ho Chi Minh Stadt. Truong Van Cam, besser bekannt unter seinem Unterweltnamen Nam Cam, war bereits am Mittwoch des Mordes, der Bestechung und der Korruption für schuldig befunden worden.

Der 56-Jährige habe ein „kriminelles Imperium“ aufgebaut, das bis in hohe Regierungskreise der Kommunistischen Partei (KP) reichende Kontakte hatte, so die Richter. Unter anderem habe er einen rivalisierenden Unterwelt-Boss ermorden lassen und Polizei und Regierungsmitglieder bestochen, damit diese ein Auge zudrückten. Fünf weitere Mafiamitglieder wurden ebenfalls zum Tode verurteilt.

Dieser Großprozess, in dem sich mit Nam Cam weitere 154 Angeklagte unter anderem aus Regierungs- und Polizeikreisen verantworten mussten, gilt als Vietnams bisher aufsehenerregendstes Verfahren.

Nam Cam, ein früherer Hafenarbeiter und inzwischen grauhaariger Veteran der damaligen südvietnamesischen Armee, zeigte sich bei Verlesung des Urteils völlig emotionslos. Sein Verteidiger kündigte unterdessen an, in die Berufung gehen zu wollen. Das vieldiskutierte Verfahren, einerseits als „Schauprozess“ abqualifiziert, gilt andererseits als Indiz für die engen Verbindungen zwischen dem Organisierten Verbrechen und der Kommunistischen Partei. Drei frühere hohe KP-Kader wurden der Bestechlichkeit für schuldig befunden: Tran Mai Hanh, ehemaliger Chef des Staatssenders „Voice of Vietnam“, wurde vom Gericht zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, Pham Sy Chien, früherer stellvertretender Oberstaatsanwalt zu sechs Jahren und Bui Quoc Huy, Ex-Minister für Öffentliche Sicherheit, zu vier Jahren. Allen drei wird vorgeworfen, Nam Cams Machenschaften gedeckt zu haben.

Obwohl die meisten Vietnamesen diese Gerichtsverhandlung mehr als herbeigesehnt hatten, bezeichneten viele die für die korrupten Regierungsmitglieder vorgesehenen Gefängnisstrafen als Farce. „Viel zu lasch“, so das Urteil einer vietnamesischen Geschäftsfrau, die den Prozess deswegen „nicht überzeugend“ findet. Diese Ansicht teilen auch in Vietnam ansässige westliche Diplomaten. Sie bezweifeln ebenfalls, dass es der Regierung mit der Korruptionsbekämpfung ernst ist. Vertreter der vietnamesischen Regierung hingegen sprechen von einem positiven Schritt in Richtung Rechtsstaat.

Durchgreifende politische Reformen lassen weiter auf sich warten. Die Mitte der 80er Jahre eingeleitete Liberalisierung, das Prinzip des „doi moi“, betrifft in erster Linie die Wirtschaft. Pikanterweise kam prinzipielle Kritik an der politischen Führung aus den eigenen Reihen: Im Januar 1999 wurde deshalb der mittlerweile verstorbene Ex-General Tran Do, der eine Erneuerung der KP gefordert hatte, aus der Partei ausgeschlossen. Neue Gesetze sollen zudem erlauben, öffentliche Demonstrationen einzuschränken. Die meisten Proteste richten sich gegen die Korruption. NICOLA GLASS