Schnäppchenjäger auf virtuellem Glatteis

Der Fahrradhandel im Internet boomt, hat aber seine eigenen Gesetze. Mit Überraschungen ist immer zu rechnen – auch mit gewerblichen Dealern

Fahrradkäufer sind auch nur Menschen. Ein Großteil findet Geiz nicht ungeil und bevorzugt die billige Tour. Etwa jeder Zweite besorgt sich sein Fahrrad nicht im Facheinzelhandel, sondern lieber im Baumarkt, im Kaufhaus, beim Discounter oder eben übers Internet. Gern wird der virtuelle Einkauf im Aktionshaus getätigt, und da hat eBay natürlich die Nase vorn: Mehr als 150.000 Fahrräder sollen dort jährlich ihren Besitzer wechseln. Tendenz steigend. Doch während beim Internethandel zwischen Einzelhändlern und Endverbrauchern der rechtliche Rahmen klar umgrenzt ist, kann man sich bei einer Versteigerung schnell aufs Glatteis begeben.

Die Schwierigkeiten beginnen bereits bei der Suche. Wer auf den deutschsprachigen Seiten von eBay (www.ebay.de) das Stichwort Fahrrad eingibt, darf sich durch ein mehrere tausend Artikel umfassendes Angebot quälen. Selbst wer gezielt fahndet, sieht sich immer noch mit mehr als tausend Einträgen konfrontiert. Und wird dabei mit Begriffen konfrontiert, mit denen er womöglich nichts anfangen kann, etwa: „Shimano Ultegra, 9fach“.

Erst einmal bestellt, ist hier in der Regel keine Rückgabe möglich. Auch Gewährleistungsansprüche, die beim Kauf neuer Räder zwei Jahre betragen (Gebrauchträder ein Jahr), sind nur gegenüber Unternehmen durchsetzbar. Kann man Profihändlern die Ware bei Internetkäufen ohne Angabe von Gründen innerhalb von zwei Wochen nach Lieferung zurückschicken, muss der Privatverkäufer die Sachen nur dann zurücknehmen, wenn er den Käufer über deren Eigenschaften getäuscht hat.

Das machen sich vermehrt Händler zunutze: Sie tarnen sich als Privatverkäufer, um sich so Rückgabe- und Gewährleistungsverpflichtungen zu entziehen. Aber auch seriöse Händler versuchen die Unwissenheit von Kunden auszunutzen. So werden etwa Altbestände, die nach Modellwechsel oft nur schwer abzusetzen sind, inzwischen vermehrt über das Internet verhökert. Das muss für fachkundige Käufer nicht unbedingt von Nachteil sein, können sie doch so ein Schnäppchen ergattern.

Enttäuschung könnte sich aber einstellen, wenn jemand glaubte, ein aktuelles Modell des Herstellers erworben zu haben. Sauer dürfte auch der Kunde sein, der gerade erst bei seinem Händler ein neues Fahrrad gekauft hat, das gleiche Modell aber kurze Zeit später auf den Internetseiten desselben Ladens wieder findet – zu einem günstigeren Preis.

Um solchen Peinlichkeiten zu entgehen, bedienen sich Händler vermehrt des Services von Firmen wie mister-bicycle.de. Unter deren Namen können Profis bei eBay ihre Fahrräder anbieten, ohne dort selbst namentlich zu erscheinen. Erst nach Abschluss der Auktion wird dem Käufer mitgeteilt, von wem er seine Rechnung zu erwarten hat.

Fühlt man sich beim Online-Kauf getäuscht, bleibt oft nur der Gang zum Rechtsanwalt. Um das zu vermeiden, hat die Verbraucherinitiative e. V. eine neutrale Schiedsstelle für den Onlinehandel eingerichtet. Hier bekommt man kostenlose Hilfe. Nähere Informationen sind unter www.ombudsmann.de abrufbar.

WOLFGANG A. LEIDIGKEIT