„handelsblatt“ kopfüber: möllemann als kunstwerk

So stolz waren sie in der Redaktion der Wirtschaftszeitung Handelsblatt darauf, einmal aus ihrem gewohnten Trott auszubrechen: Am gestrigen Freitag sollte die Titelseite zum ersten Mal von einem Künstler gestaltet werden. Georg Baselitz würde auf der Seite 1 eines seiner berühmten Porträts Kopf stehen lassen. Man wolle mit der Werbeaktion das „Land auf den Kopf stellen, damit es wieder auf die Beine kommt“, erklärte der Chefredakteur großspurig. Doch dann verließ ihn sein Mut und die Seite wurde verschoben. Denn wenige Stunden zuvor war Jürgen W. Möllemann kopfüber aus einem Flugzeug gesprungen. Da hätte ein Cover mit einem Kopf nach unten und der treffenden Schlagzeile „Wohin geht die Reise, liebe Leser?“ allzu gut gepasst. Hätte sie Möllemann doch zum apokalyptischen Reiter der Lüfte gemacht, zur Metapher für den Niedergang des Landes. Was aber will eine verschnarchte Tageszeitung mehr erreichen als einmal im Dasein ein echtes Kunstwerk schaffen? So ist sie tatsächlich das allerbeste Symbol für ein mutloses Land.