tonspur : Heiß und klebrig
Kann es bei dieser Hitze etwas Schöneres geben, als sich ein Hörspiel aus den Lautsprechern rieseln zu lassen? Dieser Trick gegen Hitzewallung sei auch Ihnen ans Herz gelegt. Sie haben ja sogar noch den Vorteil, sich dabei bequem zurückzulehnen und ein kühles Getränk zu schlürfen – was mir als olles Radio leider verwehrt bleibt.
Gemeinsam sollten wir uns jedoch das Wochenende mit Philip Roth vertreiben. Könnte nur sein, dass uns sein Roman „Der menschliche Makel“ noch ein bisschen mehr zum Schwitzen bringt (So./Mo., jeweils 21 Uhr, SWR 2). Im Sommer 1998, der bekanntlich auch ein heißer war, vor allem in den USA und dort vor allem wegen der Lewinsky-Affäre, steht der jüdische Professor Coleman Silk vor den Trümmern seines Lebens. Seine Ehre, seine Frau, seine Kinder – alles weg. Bloß weil er eine eigentlich harmlose Bemerkung über zwei schwänzende Studentinnen gemacht hatte. Er fragte, ob sie dunkle Gestalten seien, die das Licht des Seminarraums fürchten würden. Dumm nur, dass die beiden schwarz waren und Coleman Silk daraufhin alle seine Ämter niederlegen musste. Seine Frau überlebte die Schande nicht. Im Buch erzählt Colemans Freund Nathan Zuckerman dessen gesamte Lebensgeschichte – von seiner Jugend als Boxer, seiner Universitätskarriere, seiner Ehe, die auf einer großen Lüge beruhte. Und – denn schließlich handelt es sich hier um Philip Roth – von seiner letzten Affäre mit einer fast vierzig Jahre jüngeren Putzfrau. In der Hörspielversion glänzt hier Sophie Rois als laszive Geliebte neben Michael Mendl als Silk sowie Jürgen Hentsch als Zuckerman. Roths Roman schreit eigentlich nur so danach, verhörspielt zu werden: Erzähler, Hauptfigur, gute Geschichte über ein extremes Leben in einer extrem bigotten Gesellschaft – alles schon von Philip Roth vorgelegt.
Der SWR ist auch für eine weitere radiophile Literaturadaption verantwortlich. Die sich nun – zumindest solange noch Juni ist – „Hörspiel des Monats“ nennen darf. „Der Schundroman“ von Bodo Kirchhoff ist eigentlich noch pikanter als der schon recht frivole „Menschliche Makel“: Sex & Crime, satirisch verzerrt. Ein Schundroman eben. In dem sogar ein Marcel-Reich-Ranicki-Double ermordet wird (Sa, 20.05 Uhr, Deutschlandfunk). Unnnnfassbarrr! „Andrea Otte (Bearbeitung) und Leonhard Koppelmann (Regie) überzeugen durch einen frischen, beherzt zupackenden, dabei streng den Intentionen des Autors folgenden Umgang mit der Romanvorlage“, so das Urteil in astreinem Juroren-Deutsch. Ich sage hingegen: Einfach anhören!
Und nach diesen Klebrigkeiten zur Sommerschwüle noch was Flottes zum Abtanzen, vielleicht bei der Pool-Party: Wussten Sie, dass Johnny Cash auch auf Deutsch gesungen hat? Oder die Beatles und auch die Searchers? In den 60ern wurden englischsprachige Hits von ihren Interpreten gerne noch mal für das deutsche Publikum aufbereitet – damit sie verstanden und gekauft wurden. Herausgekommen sind dabei oft Ulknummern wie von Georgie Fame: „Hast du auch dreihundert Pfund / Hauptsache ist, du bist gesund.“ Mehr von diesen Perlen deutschen Liedguts hören Sie in „Musse singe deutsch“ am Montag ab 20.05 Uhr in WDR 5. VERONA VON BLAUPUNKT