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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Vor lauter Streit um die Ausbildungsplatzabgabe geht völlig unter, wem gut ausgebildete Arbeitskräfte letztendlich nutzen oder fehlen: den Unternehmern nämlich. Die Union kann weiter dankbar sein für jeden Tag, den sie nicht regiert

Von SR

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mit den Eskalationen im Irak und gegen Palästina gehen die düstersten Warnungen und Visionen in Erfüllung. Wäre schöner, wenn die Befürchtung, dass George W. Bush seinen Dilettantismus um die Ohren fliegt, eine solche geblieben wäre.

Was wird besser in dieser?

In der Logik einer eigenen europäischen Außenpolitik – die das wichtigste Erbe dieser Bundesregierung sein wird – läge es, nun eine eigenständige, etwa französisch-deutsche Befriedungspolitik vorzulegen. Die Zahl der „Friedens“-Toten übersteigt längst die der Kriegsopfer. Es geht, wie schon bei der Ablehnung des Irakkrieges, um einen neuerlichen Akt der Notwehr.

Die SPD streitet nach wie vor um die Lehrstellenplatzabgabe. SPD-Minister Clement ist dagegen, SPD-Partei- und Fraktionschef Müntefering dafür. Wer wird sich durchsetzen?

SPD-Urgestein Egon Bahr analysierte jüngst, nicht unvermeidbare Grausamkeiten gegen die Klientel der Sozialdemokraten seien das Problem, sondern die dröhnende Abwesenheit gleichwertiger Grausamkeiten gegen „die anderen“. Das scheint mir klug geraten, mit klar lesbaren Reformschritten die Richtung des Ganzen deutlicher zu färben. In der Sache sind nämlich alle Argumente pro und contra Abgabe erschöpfend ausgetauscht.

Geht es bei diesem Streit also um ein sozialdemokratisches Symbol nach dem Motto „Hey, wir tun auch zur Abwechslung mal was für Lehrlinge und gegen Unternehmer“? Oder ist die Ausbildungsplatzabgabe sachlich zwingend? Hat sie nicht doch ein paar unerwünschte Nebenwirkungen zu viel?

Ausbildung als „gegen die Unternehmer“ gerichtet zu verstehen, ist schon auf dem Weg zum wirtschaftspolitischen Stockholm-Syndrom: Man fraternisiert mit den Gangstern, die die Idee der sozialen Marktwirtschaft gekidnappt haben, und versucht, ihnen ihren Selbstmord ein bisschen gemütlicher zu machen.

Der stellvertretende CDU-Fraktionschef Merz stichelt gegen die „reformunfähige“ CSU, deren Sozialexperte Seehofer kontert. Ist das ein handfester Zwist um die politische Linie der Union – oder eher einer von Merzens Hahnenkämpfen?

Beides. Und ein Indiz für die These, dass die tollen Umfragewerte der Union die Summe von zwei bis vier Parteien sind: die Merz’sche Ordounion, die Stoiber’sche Christsozialdemokratie, das Merkelmysterium und die unauflösbare Koch-von-Beust-Grätsche. In dieser Unausgegorenheit können die über jeden Tag jubeln, den sie nicht regieren müssen.

Die Debatte um die Förderung Ostdeutschlands geht weiter. Ein trübes Ergebnis: Viel Geld, wenig Effekt. Wären weniger Subventionen also der bessere Weg?

Nachdem Klaus von Dohnanyi am Beispiel des Magdeburger Takraf-Kombinates vorgeführt hat, wie man aus 40.000 Jobs mit reichlich Treuhand-Geld keinen macht, wäre ein Verkauf nach Tschechien auch mal ’ne Globalisierung, die sich gewaschen hat.

Am Donnerstag wird Kanzler Schröder bei der „Hertie School of Governance“ in Berlin über die Rolle des Staates im 21. Jahrhundert reden. Wie viel Staat brauchen wir denn? Mehr als Schröder meint?

Hm … ich soll heute eine Rede kommentieren, die Schröder erst übermorgen hält? Darf ich nicht erst mal über den Namen „Hertie School of Governance“ zu Ende lachen?

Und was macht Borussia Dortmund?

Schlägt Bayern. Zweinull. Kahn rastet. Oh. Habe nie was gegen Borussia gesagt, fand es immer eine grandiose Saison, habe alle ganz lieb. FRAGEN: SR