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Archiv-Artikel

In Goslar knallen nur Korken

Aus Angst um ihre Häuser untersagen viele Städte in Norddeutschland krachende Böller und pfeifende Raketen zum Jahreswechsel. Wer trotzdem zündelt, muss mit empfindlich hohen Geldstrafen rechnen

Norddeutschlands Städte und Gemeinden rüsten sich für die bevorstehende Silvesternacht immer häufiger mit Abbrennverboten. Vor allem in Schleswig-Holstein wurden in den letzten Wochen per Verordnung Knaller-freie Zonen eingerichtet.

Oftmals ist es nicht so sehr die Sorge um das gesundheitliche Wohl der Feiernden, welche die Kommunen antreibt, sondern mehr noch die Angst um historische Bauwerke. So dürfen in Tönning keine Feuerwerkskörper der Klasse zwei in der Nähe von reetgedeckten Gebäuden gezündet werden. Unter diese Kategorie fallen Raketen, Knallkörper und Schwärmer. Wer in der Silvesternacht gegen dieses Gebot verstößt, dem droht die Tönninger Ordnungsbehörde mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro.

Auch in acht Ortsteilen und Gemeinden der Kreisstadt Bad Oldesloe sind Raketen am 31. Dezember und 1. Januar verboten. Bei den zu schützenden Häusern handele es sich um „reet- und teerpappgedeckte Gebäude, die immer wieder um die Jahreswende erheblich gefährdet“ seien, heißt es in der Anordnung.

Im niedersächsischen Goslar haben sich die Stadtväter ebenfalls aus gutem Grund zu einem strikten Böllerverbot in der gesamten Altstadt durchgerungen. „Goslar ist glücklicherweise mit einer historischen Altstadt gesegnet“, sagt Stadtbrandmeister Burkhard Siebert. Unglücklicherweise jedoch sei die Brandlast des Unesco-Weltkulturerbes höher als in anderen Städten.

Nachdem vor zwei Jahren Silvesterböller einen Großbrand auslösten und dadurch zwei Fachwerkhäuser zerstört wurden, entschied sich die Stadt für ein striktes Verbot. „Die Bewohner haben Verständnis dafür“, sagt Siebert. Eine lautstarke Alternative zu den Funken sprühenden Feuerwerkskörpern gebe es schließlich: Sektkorkenknallen auf dem Marktplatz. Und welcher Goslarer überhaupt nicht auf sein Geknalle verzichten kann, dürfe mit gutem Gewissen ein Tischfeuerwerk anzünden.

Andernorts denkt man jedoch gar nicht daran, pfeifende Raketen und krachende Böller aus der Stadt zu verbannen. In Hamburg dürfen die Bewohner lautstark das alte Jahr verabschieden – und das überall. „Es gibt keine Stadtteile, wo das Böllern verboten ist“, sagt Peter Braun von der Hamburger Feuerwehr. Schließlich sei man ja nicht auf Sylt, wo das Knallen bereits seit vielen Jahren untersagt ist.

Mit Pyrotechnik zu zündeln ist auf der Insel zwar wegen der reetgedeckten Häuser verboten, Kontrollen gibt es allerdings nicht. Das Westerländer Ordnungsamt warnt dennoch davor, Böller zu benutzen. Schließlich sei die Polizei bei Menschenaufläufen vor Ort und werde Verstöße gegen das Abbrennverbot ahnden. UTA GENSICHEN