Arbeitsamt nach Knast

Bundesagentur für Arbeit kürzt die Förderung von Fortbildungen hinter Gittern drastisch. Chancen auf Job nach Haft sinken weiter

Aus HannoverKai Schöneberg

Sechs Monate haben sie Excel und Powerpoint hinter Gittern gebüffelt – und gerade den Test zur EDV-Qualifizierung bei der Handelskammer bestanden. Die sechs Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Uelzen dürften zu den Letzten gehören, die in den Genuss eines mit Bundesmitteln geförderten Fortbildungskurses kommen. Der Grund: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) konzentriert ihre Fördergelder auf Arbeitslose, die leichter einzugliedern sind. Für ehemalige Strafgefangene war die Chance auf einen Job in Freiheit tatsächlich nie besonders hoch. Jetzt dürfte sie noch weiter sinken.

„Sollen Gefängnisinsassen überhaupt weitergebildet werden? Für Knackis muss man doch kein Geld ausgeben“, wiederholt Bernd Hammer-Kindel vom gemeinnützigen Berufsfortbildungswerk (BFW) gängige Klischees. Und ärgert sich. Nicht nur in den Haftanstalten würden derzeit wegen der Kürzungen „die Hände über den Köpfen zusammengeschlagen“, sagt Hammer-Kindel. Und: „Ich finde das schrecklich für die Gefangenen – die leiden eh alle unter Unterbeschäftigung.“

Das zum DGB gehörende BFW ist einer der großen Träger von Knast-Fortbildungen in Niedersachsen. Aber die Kürzungen der Bundesagentur machen Hammer-Kindel zu schaffen. Verzweifelt versucht er derzeit, die Fortbildungen im Garten- oder Landschaftsbau, im Metall- oder Holzbereich mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds zu finanzieren. Sicher scheint: Viele Maßnahmen werden nicht mehr stattfinden können.

„Es ist nicht Aufgabe der Bundesagentur, Vorbehalte von Arbeitgebern gegenüber freigelassenen Straftätern abzubauen“, sagt Michael Klinke, Sprecher der BA-Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen. Die Bundesagentur habe bereits im vergangenen Jahr im Zuge von Hartz III ihre Förderung „neu organisiert“. Bei Fortbildungs-Zuschüssen gelten nun für Strafgefangene die gleichen Richtlinien wie für unbescholtene Arbeitslose. Nach den neuen, verschärften Kriterien wird nun nur noch gefördert, wer mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit sechs Monate nach Ausbildungsende einen Job hat. „Das ist bei Strafgefangenen so gut wie ausgeschlossen“, sagt BFW-Mann Hammer-Kindel.

„Wir fördern nur noch Maßnahmen, die wirklich zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen“, meint hingegen BA-Sprecher Klinke. Dazu gehörten Umschulungen zum Koch oder zum Orthopädieschuhmacher. Bereits vor wenigen Monaten hatten die Justizminister der Länder protestiert: Mit dem Wegfall der Mittel stehe „die wichtigste Maßnahme zur Wiedereingliederung und Kriminalitätsvorbeugung auf der Kippe“, heißt es aus dem Haus von Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU). Bundesweit fallen 13 Millionen Euro weg, also fast ein Viertel aller Ausgaben für Fort- und Weiterbildung in den Gefängnissen. Allein in Niedersachsen entstünden Zusatzkosten von rund vier Millionen Euro. Derzeit nehmen im Lande noch 680 Gefangene an Bildungsmaßnahmen teil.