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Archiv-Artikel

Rücken zur Wand

Gerald Vanenburg wird neuer Löwen-Trainer. Die Probleme aber bleiben weitgehend die alten

MÜNCHEN taz ■ Der Präsident ließ sich bitten – und kam dann doch nicht. Bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Löwen-Trainers Gerald Vanenburg saß dieser mit Sportdirektor Dufner und Pressesprecher Grosse auf dem Podium, Präsident Auer aber stand ein paar Meter weiter an der Wand, als ginge ihn das alles nichts an. Als es an Vanenburg keine Fragen mehr gab, dafür aber jede Menge an den nun ja vizepräsidentenlosen Präsidenten, wollte sich dieser immer noch nicht vor die Presse bequemen, blieb an der Wand stehen und sagte zur nächststehenden Journalistin: „Geh, lasst’s mich heut doch bitte in Ruh.“

Diesen Gefallen kann man ihm nach einem solchen Wochenende natürlich nicht tun. Wie naiv ist dieser Karl Auer, dass er glaubt, beim ersten Auftritt nach dem hochnotpeinlichen Desaster der Götz-Entlassung am Samstag und der stundenlang verschleppten Meldung vom Rücktritt Zehetmairs am Sonntag am Tag darauf nicht dazu Stellung nehmen zu müssen? Sicher, kein Mensch mag mit ihm derzeit den Job tauschen, aber dass sich die Führung eines Bundesligaklubs nicht gänzlich außerhalb der Öffentlichkeit abspielen würde, muss ihm klar gewesen sein.

Mit dem Rücken zur Wand lässt er dann die Fragen nach der Zukunft über sich ergehen. Satz eins: „Es gibt nix Neues.“ Und so geht’s weiter: „In den alten Geschichten“, also denen vom Vortag, will er nicht mehr rumwühlen. Mit Zehetmair habe er nicht mehr gesprochen. Einen Nachfolger gebe es nicht. Der von ihm vorgeschlagene Vize-Präsident Wolfgang Hauner, bislang Juniorenleiter bei Sechzig, muss noch vom Aufsichtsrat bestätigt werden. Dessen Mitglied, Oberbürgermeister Christian Ude, hat schon Bedenken angemeldet: „Die Personalie Hauner deckt sich in keinster Weise mit den Vorstellungen des Aufsichtsrats.“ Die für Montag anstehende Sitzung des Aufsichtsrats wurde um eine Woche verschoben.

Heilfroh muss Auer gewesen sein, dass ihm Sportdirektor Dirk Dufner so schnell einen neuen Trainer organisiert hat – wenigstens eine Sorge weniger. Gerald Vanenburg also, eine nahe liegende Lösung. Dufner: „Er kennt das Umfeld, er kennt die Mannschaft und er kennt die Liga. Wir haben mit keinem anderen Trainer auch nur ein Wort gesprochen. Er ist ganz genau der Richtige, um mit uns die Klasse zu halten. Wir brauchen einen, der hier alles kennt.“

Das tut er wohl, der Gerald Vanenburg. Als er um 12.56 Uhr vom Frühstücksraum in den Wittelsbacher Saal des Vier-Sterne-Hotels Mercure geht, begrüßt er erst mal ein paar Journalisten mit Handschlag: „Na, geht’s gut?“ Man kennt sich: Von 1998 bis Ende 1999 gab er unter Lorant den Libero, kam nach dessen Rauswurf zwei Jahre später als Cotrainer von Peter Pacult wieder – für 20 Tage. „Der hat mich behandelt wie ein kleines Kind“, sagt Vanenburg, „das war ein schlechter Witz.“ Danach arbeitete er wieder als Juniorentrainer bei seinem Heimatverein PSV Eindhoven; nächstes Jahr will er die A-Lizenz erwerben.

Vanenburg, 40, verheiratet, zwei Kinder, ist ein lockerer Typ. Vor drei Jahren, bei seiner Vorstellung als Cotrainer, antwortete er auf die Frage, was er denn in den vergangenen Monaten so gemacht hätte, kurz und knapp: „Sex. Viel Sex.“ Ähnlich bündig und prägnant will er auch nun mit dem desolaten Löwen-Team sprechen. Was er in seiner ersten Ansprache sagen will? „Dass wir am Sonntag gewinnen müssen.“ Wie er das anstellen will? „Ich hab was in meinem Kopf, aber wie das geht, weiß ich nicht. Aber ich hab das Gefühl, dass wir das schaffen.“ Wie gut er die Mannschaft kennt? „Das Problem ist, dass Eindhoven auch immer samstags spielt. Aber ich hab immer ‚Sportschau‘ geschaut.“ Tja. Zu verlieren hat Vanenburg sowieso nichts: Der Abstieg wäre angesichts der derzeitigen Verhältnisse nur folgerichtig.

Wenig Überraschendes also von Trainer und Präsident. Dafür hatte Sportdirektor Dufner noch ein Bonmot auf Lager: „Die Arbeit von Karl-Heinz Wildmoser wird von Herrn Auer 1:1 fortgesetzt.“ Glückwunsch, Sechzig!