: Feludscha wird zum Testfall für US-Besatzungstruppen
Tägliche Angriffe in der irakischen Großstadt. Identität der Angreifer ist unklar. Internationale Atombehörde sucht verschwundene Uranfässer
KAIRO taz ■ Die 200.000-Einwohner-Stadt Feludscha im Westen Bagdads ist von geringer strategischer Bedeutung. Dennoch ist sie für die US-Besatzungstruppen zum Testfall geworden. Fast täglich geraten die US-Soldaten dort unter Feuer. Das letzte Mal gestern, als sie von einer Moschee aus beschossen wurden. Niemand wurde verletzt.
Nicht immer geht es so glimpflich ab. Bereits drei Soldaten wurden erschossen, mehr als ein Dutzend wurde verwundet. Die Identität der Angreifer ist dem US-Kommandeur der Stadt trotz mehrerer Verhaftungen ein Rätsel. Hauptmann Schwarz zählt gegenüber der New York Times die üblichen Verdächtigen auf: „Es könnten Iraker sein, aber auch Syrer oder Palästinenser wären möglich. Vielleicht hat sogar al-Qaida die Finger im Spiel“, erklärt er. „Wir müssen diese Baathisten, Terroristen und Schlägergangs loswerden.“
Niemand weiß genau, wer hinter den Angriffen steckt. Unter Irakern ist die Rede von einer neuen militanten sunnitischen Gruppe namens „Mohammeds Armee“. Tatsache ist, dass die Liaison zwischen Einwohnern und Besatzungstruppen in Feludscha Ende April keinen guten Anfang genommen hatte, als US-Soldaten auf eine Gruppe Demonstranten schossen und dabei 18 Iraker getötet sowie fast 80 verletzt hatten. Seitdem kommt der Ort nicht mehr zur Ruhe.
Hauptmann Schwarz kam erst vor wenigen Tagen mit seiner 4.000 Mann starken Einheit namens „Spartaner-Brigade“ in die Stadt. Er möchte mit seinen Leuten nicht nur Jagd auf die Angreifer machen, sondern auch die Herzen der Einwohner gewinnen, indem er einige seiner Ingenieure abkommandiert, die Infrastruktur in Gang zu bringen.
Unterdessen hat am Wochenende ein Team der Internationalen Atombehörde IAEA seine Arbeit rund um das ehemalige irakische Nuklearforschungszentrum in Tuweitha, 50 Kilometer südlich von Bagdad, aufgenommen. Es soll herausfinden, wohin 500 Tonnen niedrig angereicherten und 1,8 Tonnen natürlichen Urans verschwunden sind, nachdem das unbewachte Zentrum mehrmals geplündert wurde. Einwohner hatten viele der Fässer von den Plünderern für zwei Dollar gekauft, und die US-Truppen hatten in den letzten Tagen versucht, die Fässer für 3 Dollar das Stück zurückzukaufen. Bisher sind 100 der 3.000 Fässer wieder aufgetaucht.
Das siebenköpfige IAEA-Team soll nun weiteres entwendetes Material und das verbliebene Inventar sichern. Das Team wird mit Fahrzeugen der US-Armee transportiert und von US-Soldaten bewacht. Neutrale UN-Fahrzeuge hatten die Besatzungstruppen nicht zugelassen.
Am Sonntag wurde das Videoband eines Reuters-Kameramanns, der die erste IAEA-Visite aufgezeichnet hatte, von US-Soldaten konfisziert. Eine Berichterstattung sei nicht erlaubt, hieß es lapidar. Frank McClahy, Kommandeur der US-Einheit, die die Institution bewacht, äußerte vollstes Verständnis für die Sorgen der Einwohner um ihre Sicherheit und Gesundheit. Unbeantwortet ist die Frage, warum ein irakisches Nuklearforschungsinstitut so lange unbewacht blieb. KARIM EL-GAWHARY