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Archiv-Artikel

Die Fraktion will kein Claqueur sein

SPD-Parlamentarier konstituieren sich. Thema: Personalien. Jens Böhrsen wieder Chef. Verlierer: Wolfgang Grotheer

Von sgi

taz ■ Jens Böhrnsen bleibt SPD-Fraktionsvorsitzender: Er bekam gestern bei der konstituierenden Sitzung der SPD-Fraktion 36 von 39 Stimmen. Seine Stellvertreter sind Cornelia Wiedemeyer aus Gröpelingen (35 Stimmen) und Siegfried Breuer aus Bremerhaven – mit nur 23 Stimmen. Im Duell um das Amt der bildungspolitischen Sprecherin siegte die bisherige Amtsinhaberin Ulrike Hövelmann über Herausfordererin Renate Möbius.

Verlierer des Tages war Bremens SPD-Unterbezirkschef und Parlamentsneuling Wolfgang Grotheer: Von zehn Kandidaten, die sich um die neun Beisitzer-Plätze im zwölfköpfigen Fraktionsvorstand bewarben, war er derjenige, der es nicht schaffte.

„Ganz bewusst“ habe man sich schon gestern, noch während der Koalitionsverhandlungen, als Fraktion konstituiert, sagte der alte und neue Boss, Jens Böhrnsen. „Wir wollen ab sofort handlungsfähig sein und nicht warten, bis die Koalitionsverhandlungen erledigt sind.“

Es waren vor allem die Personalien, die gestern auf der Tagesordnung standen. Hier gibt es mit Ausnahmen wenig Neues. Die so genannten Obleute – die fachpolitischen Sprecher von Deputationen und Ausschüssen – blieben dieselben, es sei denn, die bisherigen Sprecher sind in dieser Legislaturperiode nicht mehr im Parlament.

So sprechen künftig für den Bereich Gesundheit Winfried Brumma, für Wirtschaft Max Liess, für Datenschutz Insa Rehwinkel, für Gleichstellung Ursula Arnold-Cramer, für Verfassungs- und Geschäftsordnungsangelegenheiten Björn Tschöpe und für Justiz Wolfgang Grotheer.

Womit der Richter Grotheer dennoch hervorsticht aus dem Heer der einfachen SPD-Abgeordneten, auch wenn er den Sprung in den Fraktionsvorstand trotz zweimaligen Anlaufs nicht schaffte. Letzteres nahm Grotheer gelassen: „Davon geht die Welt nicht unter.“

Christian Weber wurde nominiert für den Posten des Bürgerschaftspräsidenten, seine Beisitzer sollen Ursula Arnold-Cramer und Marlies Marken, bisher Vize-Fraktionsvorsitzende, werden. Die 39 Abgeordneten bestätigten außerdem Fraktionsgeschäftsführer Martin Prange im Amt.

Das Duell des Tages um das Amt der bildungspolitischen Sprecherin sei „in höchstem Maße fair, sehr sachlich und sehr kollegial“ verlaufen, betonte Jens Böhrnsen nach der Sitzung. Die unterlegene Konkurrentin Renate Möbius hatte an der alten und neuen Sprecherin Hövelmann zuviel Senatorennähe und zu wenig Vor-Ort-Arbeit kritisiert: „Ich hätte die Basis mehr mit einbezogen.“ Spannend wurde es auch beim Posten des europapolitischen Sprechers: Hier konnte Rainer Nalazek sein Amt mit 20 Stimmen knapp gegen Herausfordererin Birgit Busch (19 Stimmen) verteidigen.

Böhrnsen versprach abschließend „Diskussionsfreude“ und „sozialdemokratische Handschrift“ seiner SPDler in der Bürgerschaft: „Die SPD-Fraktion verstehe sich dabei nicht als kritikloser Claqueur der Senatspolitik, sondern als solidarisches, aber durchaus kritisches Korrektiv exekutiven Handelns.“ sgi