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Archiv-Artikel

Externer Rat ist ziemlich teuer

Laut Finanzsenator Sarrazin hat das Land in zweieinhalb Jahren 35 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben. Er hält die Summe für gerechtfertigt. CDU: Schlimmer, als von uns befürchtet. Senat habe falsche Prioritäten gesetzt

Muss eine Verwaltung mit über hunderttausend Beschäftigten viel Geld für Beratung und Gutachten von außerhalb ausgeben? Ja, meint Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Über 35 Millionen Euro gingen seit Beginn der Legislaturperiode Ende 2001 für 271 derartige Aufträge drauf, rechnete er gestern vor. „Das offenbart ein noch schlimmere Szenario, als von uns befürchtet“, reagierte die CDU-Fraktion. Sie hatte angesichts einer Vielzahl von Gutachten von „Berateritis“ gesprochen und den Senator gedrängt, eine genaue Zahl zu nennen.

Sarrazin sieht das deutlich anders und hält die Ausgaben für maßvoll. Er vermied es zwar, wie einst Deutschbanker Hilmar Kopper, von „Peanuts“ zu sprechen, urteilte aber ähnlich über die umgerechnet 15,5 Berater-Millionen pro Jahr: „Bei einem Landeshaushalt von 21 Milliarden jährlich ist das wenig.“

Für den Senator gilt, dass die Verwaltung für komplizierte und seltene Fälle nicht dauerhaft eigene Spezialisten vorhalten kann. „Gerade weil das Land in allen Bereichen Personal abbaut, werden Fachwissen und Impulse von außen in Zukunft eher noch wichtiger sein als heute.“

Vergleiche mit niedrigeren Beraterausgaben der Länder Niedersachsen und Sachsen wies Sarrazin zurück: Die müssten sich nicht um derart viele Landesunternehmen kümmern wie Berlin. Tatsächlich war über ein Drittel der 35 Millionen im Zusammenhang mit der Misere der landeseigenen Bankgesellschaft Berlin fällig. Über 6 Millionen gingen allein bei den Verkaufsverhandlungen für die Bank drauf – ohne dass sich der Einsatz der hoch bezahlten Spezialisten bislang lohnte.

Sarrazin hält dennoch gerade bei derartigen, im Fall der Feuersozietät erfolgreichen Verkaufsverhandlungen Berater für unabdingbar – „auch wenn die Tagessätze der Investmentbanker einen das Fürchten lehren“. Zweitgrößter Ausgabenbereich war Umstellung bei der EDV. Auch hier führt für Sarrazin an Beratern kein Weg vorbei.

CDU-Haushaltsexperte Alexander Kaczmarek stellte den 35 Berater-Millionen das Ende der Lernmittelfreiheit, die höheren Kita-Gebühren und gekürztes Blindengeld gegenüber, die zusammen den gleichen Betrag ausmachen. „Zwar waren nicht alle Beratungsleistungen überflüssig“, räumt Kaczmarek ein, aber der Senat habe eindeutig falsche Prioritäten gesetzt. Der Christdemokrat geht sogar davon aus, dass Aufträge widerrechtlich erteilt wurden, weil der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses missachtet worden sei.

Zwei der insgesamt 271 Gutachten und Beratungsaufträge fielen in die Kategorie „persönliche Beratung von Senatsmitgliedern“. Kosten: 4.000 Euro. Kollektiv ließ sich der Senat dabei zum Thema „gender mainstreaming“ coachen. Fraglich bloß, wieso sich dazu niemand kostenfrei in der Senatsverwaltung für Frauen fand. Und Peter Strieder (SPD) ließ sich laut Sarrazin in seiner früherer Funktion als Stadtentwicklungssenator persönlich vorbereiten, als er Ausschusschef für die landeseigene Investmentbank IBB wurde. Erfolgreich war die Beratung augenscheinlich nicht: Gerade die IBB-Sponsorings zum Tempodrom führten zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Strieder. STEFAN ALBERTI