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Archiv-Artikel

Ein Akademiker für die Zentralbank

Der Wirtschaftsweise Axel A. Weber wird neuer Bundesbank-Chef und Mitglied des Rats der Europäischen Zentralbank. Der Ökonom hat null Bankererfahrung, aber jede Menge wissenschaftliche Meriten. Kein politischer Einfluss auf die Geldpolitik

Die Finanzmärkte bleiben weiterhin sakrosankt und sich selbst überlassen Ein Zusammenspiel von Geld- und Konjunkturpolitik wird es nicht geben

AUS BERLIN BEATE WILLMS

Auch wenn die Nachricht schon seit dem Vorabend heraus war, strahlte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) gestern Mittag vor der Bundespressekonferenz immer noch ob des gelungenen Coups. Neuer Chef der Bundesbank als Nachfolger des in der vergangenen Woche zurückgetretenen Ernst Welteke wird der parteilose Wirtschaftsweise Axel Weber – kein Politiker, kein Banker, aber ein ausgewiesener und international anerkannter Experte für Geld- und Währungspolitik im neoklassischen Sinne. Gestern verabschiedete das Kabinett Eichels Personalvorschlag.

Der Bundesbankvorstand muss den designierten Chef nun in der nächsten Woche anhören, er kann ihn aber nicht ablehnen. Das wird er wohl auch nicht wollen: Die erste Reaktion aus der Institution war – wie allerorten – Zustimmung. Auch Vizepräsident Jürgen Stark, der selbst als Kandidat gehandelt worden war, will im Amt bleiben.

Wie Eichel bestätigte, war es bei der Besetzung um zwei Ziele gegangen: Die Bundesregierung wollte einerseits die Kontinuität in der Geldpolitik wahren. Andererseits ging es ihr darum, das nach dem Skandal um Welteke angeschlagene Image der Bundesbank und damit Deutschlands Reputation in internationalen Geldkreisen wieder herzustellen. Die Unabhängigkeit der Bundesbank, so Eichel, sei dabei „von niemandem und zu keiner Zeit in Frage gestellt“ worden. Konkret heißt das: Die Finanzmärkte bleiben für die Politik sakrosankt, es gibt kein gewolltes, politisch gesteuertes Zusammenspiel von Geld-, Konjunktur- und Außenwirtschaftspolitik. Das allerdings hatte auch keiner der anderen Kandidaten in Frage gestellt – mit Ausnahme des Ökonomen Peter Bofingers vielleicht, der „bis zum Schluss im Rennen“ gewesen sein soll.

Der designierte Bundesbankchef Weber ist bislang vor allem als Akademiker aufgefallen. 1998 übernahm er die Leitung des Frankfurter Center for Financial Studies, eines von Banken und Versicherungen getragenen Instituts. 2002 wurde er in den Sachverständigenrat der Bundesregierung aufgenommen.

Erfahrungen in der praktischen Führung einer größeren Institution bringt Weber dagegen nicht mit. Hier will er sich ganz auf den insgesamt achtköpfigen Vorstand der Bundesbank stützen und dessen bisherige Politik fortführen. „Ich finde es richtig, die Institution zu verschlanken und aus der Fläche zurückzuziehen“, sagte er. Die Bundesbank müsse sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Als zusätzlichen Impuls will der Neue die Forschung mehr in den Mittelpunkt rücken. „Vor allem in Finanzmarktfragen brauchen wir mehr Know-how.“

Er selbst will sich vor allem auf die Arbeit in der Europäischen Zentralbank (EZB) konzentrieren, wo die Geldpolitik letztlich gemacht wird. Als Bundesbank-Chef gehört er automatisch dem EZB-Rat an, in dem Deutschland zwar nur eine Stimme, aber wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Landes einen großen Einfluss hat. Dieser könnte durch das wissenschaftliche Know-how Webers noch wachsen. Alle großen Notenbanken arbeiten derzeit an genaueren Kriterien zur Wirkung von geldpolitischen Maßnahmen. Es dürfe „keine monetären Scheuklappen“ geben, so Weber. Neben Geldmengen- und Preisentwicklung müssten auch „andere Variable“ einbezogen werden.

Eine Kursänderung der EZB sieht der designierte Bundesbank-Chef darin allerdings nicht. Überhaupt stützt er die bisherige EZB-Politik. Dazu gehört auch der immer lauter kritisierte Stabilitäts- und Wachstumspakt, der den Mitgliedern ein enges Korsett verpasst hat. „Ich halte den Pakt für einen wichtigen Pfeiler der europäischen Politik“, so Weber. „Man muss sich gut überlegen, ob man den dauerhaft beschädigen möchte.“

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