: Keine rosa Brille!
Das Staats-TV der griechischen Zyprioten mag keine Wiedervereinigungs-Freunde zeigen. Verheugen fühlt sich von der Regierung „hintergangen“
AUS NIKOSIA KLAUS HILLENBRAND
Die EU-Mitgliedschaft ab dem 1. Mai hat die griechische Republik Zypern in der Tasche. Doch wenn es darum geht, kritische Worte aus Brüssel an die eigene Adresse über den staatlichen TV-Sender auszustrahlen, bleibt der Bildschirm schwarz. Die Weigerung, ein Interview mit EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen zu senden, hat in Brüssel zu heftigen Reaktionen geführt. In Nikosia werfen Oppositionspolitiker der Regierung Zensurmaßnahmen vor.
Sowohl der Staatssender RIK als auch der private Kanal Antenna hatten sich am Wochenende geweigert, ein ursprünglich zugesagtes Interview mit Verheugen auch zu führen. Der EU-Erweiterungskommissar wollte darin zur morgigen Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Zyperns Stellung nehmen. Der zyperngriechische Präsident Tassos Papadopoulos lehnt seine Zustimmung dazu strikt ab und führt eine nationalistische Kampagne gegen den Plan an. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox, nannte das Blackout für Verheugen „ein unheiliges Spektakel, unwürdig eines Landes, das andererseits die EU-Kriterien von Kopenhagen erfüllt“.
Verheugen selbst fand vor dem EP starke Worte. Der zypriotische Präsident Papadopoulos habe ihm vor fünf Jahren zugesichert, alles für eine Lösung des Zypernkonflikts tun zu wollen. Im Gegenzug habe die EU zugesichert, die Teilung der Insel sei kein Hindernis für eine EU-Mitgliedschaft. Verheugen: „Ich fühle mich von der zyperngriechischen Regierung hintergangen.“
Dabei ist das Ausblenden unliebsamer Ausländer im zyperngriechischen Staatsfernsehen keine ganz neue Erscheinung. Schon vor einem Monat verweigerte RIK kurzfristig die Übertragung eines Interviews mit dem UN-Mitarbeiter Didier Pfirter, einem der Autoren des Plans zur Gründung der „Vereinigten Republik Zypern“. Auch als vor wenigen Tagen der UN-Sondervermittler für Zypern, Alvaro de Soto, den Zyprioten seine Sicht zum Wiedervereinigungsplan erläutern wollte, wurde das Programm kurzfristig geändert.
Nach Presseinformationen hat der Vorstand des Staats-TV in der letzten Woche beschlossen, generell allen Ausländern den Zugang zu verweigern, weil diese ohnehin die Wiedervereinigung befürworteten. Regierungssprecher Kypros Chrysostomides verneinte jegliche Einflussnahme auf das Fernsehen. Doch Wirtschaftsminister George Lillikas verteidigte die Entscheidung: Es dürfe keine ausländische Einflussnahme auf das Wahlverhalten der Zyprioten zugelassen werden, erklärte er.
Der Chef der Vereinigten Demokratischen Partei, George Vassiliou, empört sich über das Demokratieverständnis des Staatssenders: „Wenn Europa für irgendetwas steht, dann für mehr Demokratie.“ RIK-Chef Marios Mavrikios beharrt dagegen, es habe gar keine offizielle Interviewanfrage gegeben – obwohl Verheugens Sprecher in Brüssel just diese Sicht der Dinge bestätigte.
Immerhin Präsident Papadopoulos darf heute Abend gleich zwei Stunden lang von zuvor handverlesenen Journalisten befragt werden. Die Sendung endet um 23.15 Uhr. Kurz darauf, ab 24.00 Uhr, ist jegliche Wahlwerbung für oder gegen den UN-Plan zur Wiedervereinigung der Insel gesetzlich verboten.