War wohl zu klein gedruckt

250 Studierende müssen Bafög zurück zahlen, weil sie Angaben verheimlicht haben. Auch neun SchülerInnen flogen bei der Überprüfung ihres Vermögens auf. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wurde in Bremen keine Strafanzeige gestellt

Eltern „parkten“ Geld auf den Konten ihrer Kinder, um Steuern zu sparen

taz ■ Insgesamt eine Million Euro fordert das Studentenwerk von Bremer Bafög-EmpfängerInnen zurück, weil diese bewusst oder unbewusst verschwiegen hatten, dass sie noch Geld auf der hohen Kante haben. 200 Bescheide seien schon raus gegangen, 50 Studierende werden die schlechten Nachrichten noch erhalten, sagt Studentenwerks-Geschäftsführer Heinz-Ludwig Mohrmann. Nach Angaben der Bildungsbehörde sind außerdem neun SchülerInnen aufgeflogen.

Was viele nicht wissen – oder wahrhaben wollten: Wer mehr als 5.200 Euro Vermögen hat – sei es in Wertpapieren, als Sparguthaben oder Aktien – muss das in seinem Antrag auf Ausbildungsförderung angeben. Entsprechend niedriger fällt dann der Förderungssatz aus.

Im Schnitt müssten 5.000 bis 6.000 Euro zurückgezahlt werden, sagt Mohrmann. Am schlimmsten habe es einen Studi getroffen, der eine Summe im fünfstelligen Bereich zurück gelegt hatte – und über fünf Jahre den Höchstsatz von rund 500 Euro kassiert hatte. „Da kommen schon mal 30.000 Euro Rückzahlung zusammen“, sagt Mohrmann. Natürlich sei das für viele ein Problem. Aber: Er traue Abiturienten zu, dass sie ihre Anträge genau lesen, bevor sie unterschreiben, dass alle Angaben korrekt sind. „Bei Fragen kann man sich auch ans Bafögamt wenden.“

Das haben in Bremen wohl auch einige gemacht – aber erst, als es zu spät war. Und nicht die Studierenden selbst hätten weinend und flehend vor ihm gesessen, sagt der Leiter des Bafög-Dezernates, Jürgen Polka. „Das waren die Väter!“ Der Grund: In vielen Fällen hätten die Eltern wegen Steuervorteilen Geld auf den Konten der Kinder quasi „geparkt“ – und die haben sich nicht abgesichert, ob das Probleme geben könnte.

Das Ende vom Lied: Zu den Rückzahlungen kommen in einigen Fällen Bußgelder bis 5.000 Euro für eine Ordnungswidrigkeit hinzu. Betrügerische Absichten wolle man den Studis aber nicht unterstellen. „Es ist in Bremen keine Strafanzeige gestellt worden“, beruhigt Geschäftsführer Mohrmann.

Der Bremer AStA-Vorsitzende Tim Cordßen kritisiert die Praxis dennoch. „Das Bafög ist ja keine Spende, sondern muss zur Hälfte nach dem Studium zurückgezahlt werden.“ Es sei nicht einzusehen, dass die Studierenden diese Schulden nicht mit Erspartem zurück zahlen dürften. Darüber hinaus müssten auch Bafög-Empfänger arbeiten, denn selbst der Höchstsatz von 500 Euro reiche nicht zum Leben. Der größte Teil der Studierenden habe keine Aussichten auf Förderung, weil die Eltern dafür zu viel verdienen, aber nicht genug, um ihren Kindern ein Studium zu finanzieren. Trotz Schlagzeilen über porschefahrende Studis – für Cordßen steht fest: „Studierende sind arme Schlucker.“

Die Bremer Aktion ist kein Einzelfall. Nur 35 Prozent des Bafögs trägt das Land – der Rest kommt vom Bund. Auf Drängen des Bundesrechnungshofes wurden deshalb in allen Bundesländern Daten des Bundesfinanzamtes mit denen von Bafög-Empfängern abgeglichen. Das niedersächsische Wissenschaftsministerium hat nach Angaben von dpa bisher 880 Studierende aufgefordert, doch bitte insgesamt 3 Millionen Euro zurück zu zahlen. Verdächtigt würden ein Zehntel der Bafög-Bezieher in Niedersachsen. In Bremen ist der Anteil der Schummler etwas niedriger. 4.100 Förderfälle habe es im Jahr 2000 gegeben, davon hätten 6,1 Prozent falsche Angaben gemacht, sagt Studentenwerks-Leiter Mohrmann. Noch nicht abgeschlossen seien allerdings die Überprüfungen der Jahre 2001 und 2002. Eiken Bruhn