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Archiv-Artikel

Zur Person: Rolf Sachsse

1949 wurde Sachsse in Bonn geboren. Sein Vater führte mit weniger künstlerischer als pragmatischer Orientierung ein mittelständisches Fotoatelier. Das Elternhaus – Großvater und Urgroßvater väterlicherseits waren Professoren für evangelische Theologie – ist „pastoral“ geprägt. Das theologische Erbe formuliert sich zunehmend säkularisiert, als sittlich-moralischer Anspruch und das Gefühl gesellschaftlicher Verantwortlichkeit.

Der gesundheitlich zarte Sachsse spielt in seiner Schulzeit viel Cello und arbeitet an einer Schülerzeitung mit. Über die Freundschaft zum Sohn des lokalen Pressefotografen und über Aufträge des Vaters kommt er in Kontakt zur städtischen Journalistenszene.

Nach dem Abitur beginnt Sachsse eine Fotografenlehre in Köln, die er 1970 abschließt. Im Anschluss tingelt er als freier Assistent durch verschiedene Studios Deutschlands. Hier lernt er unter anderem die Fotografen Will McBright und Helmut Newton kennen. Er reist mehrfach nach London und hat dort ebenfalls Gelegenheit, aktuelle Popkultur zu studieren.

Damals beginnt ihn die Verschränkung von Sprache und Sehen als Konstitutiv für den fotografischen Blick zu beschäftigen. Die Lektüre von Michel Foucaults Studie „Ordnung des Diskurses“ wird hier zu einem Schlüsselerlebnis.

Nachdem Sachsse 1971 in München das Studium der Zeitungswissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte begonnen hat, wechselt er nach einem Jahr nach Bonn und schreibt sich am jungen Institut für Kommunikationsforschung ein. Neben dem Fach Zeitungswissenschaften hat er in der Kommunikationstheorie „sein Ding“ gefunden.

Sein Studium finanziert Sachsse durch Aufträge aus Werbung, Medien und Design. Und leidet zugleich unter der Sprachlosigkeit der Branche. Die Äußerung „gut gemacht“ bleibt meist einziger Kommentar zu Arbeiten überhaupt. Sie bedeutete, dass das Geld aufs Konto kommt. Über Bedingungen eines Gelingens der Kommunikation zwischen Fotograf und Betrachter via Bild spricht man nicht.

Von Mitte der Siebzigerjahre an beginnt Sachsse mit künstlerischer Arbeit im Umfeld postkonzeptueller Fotografie. Mit Ros Schadt, die er 1975 heiratete, wird er 1978 Mitglied der britischen Künstlergruppe „Artist Placement Group“, die versuchte, mit künstlerischen Mitteln in gesellschaftliche Prozesse einzugreifen.

1983 promoviert Rolf Sachsse im Fach Kunstgeschichte, nachdem durch den Tod seines verehrten Lehrers Günther Ungeheur eine Promotion in Kommunikationsforschung unmöglich wurde. 1985 erhält Sachsse eine Professur für Fotografie, ab 1993 auch für Elektronische Bildmedien an der Fachhochschule Krefeld. 1994/95 übernimmt er die Lehrstuhlvertretung für Hans Belting an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und ist seither dort assoziierter Lehrstuhlinhaber für Kunstwissenschaft und Medientheorie.

Sachsse hat zahlreiche wissenschaftliche Ausstellungen über Fotografie kuratiert und mitgestaltet. Eine Auswahl: 1990 Fotografie am Bauhaus, Bauhaus-Archiv, Berlin; 1991 John Heartfield, Nationalgalerie, Berlin; 1993 Leipziger Schule Fotografie, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig; 1997 Deutsche Fotografie 1870–1970, Kunst- und Ausstellungshalle der BRD, Bonn).

Ende Juni erscheint im Verlag der Kunst, Dresden, sein Buch „Die Erziehung zum Wegsehen, Fotografie im NS-Staat“ (384 Seiten, 45 Euro). NIKE BREYER